Riefenstahl

Glanzvolle Karriere in brauner Zeit
– die Fotografin des Bösen?

Bis zum 1. September 1939, dem Überfall Hitlers auf Polen und damit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, dauerte der unaufhaltsame Aufstieg, die glanzvolle Karriere der Schauspielerin und Filmemacherin Leni Riefenstahl. Vom Film „Blaues Licht“ bis zum Maßstäbe setzenden, weltberühmten Propaganda- und Olympiafilm „Triumph des Willens“.

Riefenstahl verkehrte im innersten Zirkel der Macht, Hitler, Goebbels. Sie tat das, was Karrieristen allerorten tun, sie nutzte die Möglichkeiten, die sich ihr boten, für ihre Vorstellung von Kino; sie erfüllte die Wünsche ihrer Auftraggeber. Sie machte das, was heute für Dokumentaristen moderner Massenevents wie Rock- und Sportevents selbstverständlich ist, sie versuchte das Event, die Olympiade von Berlin von 1938, best- und spannendstmöglich ins beste Licht zu setzen. Und sie war außerordentlich innovativ dabei. Was gleichermaßen auch das Dritte Reich in ein gutes Licht tauchte.

Das halten die Medien heute noch sp bei Sportveranstaltungen in Diktaturen; auch wenn es inzwischen zum guten Ton gehört für die auftraggebenden Sender, das Land auch unter dem Aspekt der Diktatur zu beleuchten; denn wenn die Sportler nicht gut ausschauen und die Kämpfe langweilig gezeigt werden, so schaltet keiner ein.

Nach Kriegsbeginn sollte Riefenstahl als Kriegsreporterin aus Polen berichten. Das macht sie nicht weiter. Da hätte der Film von Andreas Veiel vielleicht noch etwas nachrücklicher nachschauen sollen, ob irgendwo noch was zu erfahren gewesen wäre über die genauen Beweggründe.

Riefenstahl hat dann noch den Propagandafilm Tiefland gemacht. Auch das wäre interessant gewesen zu erfahren, was sie denn in der Zeit überhaupt noch gemacht hat. Sie war jedenfalls nie Mitglied in der NSDAP und wurde von den Untersuchungen nach dem Ende des Weltkrieges lediglich als Sympathisantin eingestuft. So weit, so sauber.

Das ist in etwa das Bild, was Andreas Veiel wie leicht hinter Milchscheibe erkennbar, von der nach dem Krieg extrem umstrittenen Künstlerin aus dem unendlich vielen Dokumentarmaterial, das ihm zur Verfügung stand, entwirft.

Mit Milchscheibe meine ich, der Film gibt ständig zu verstehen, dass er glaube, es mit einem heißen Eisen zu tun zu haben, was besonders behutsam angefasst werden müsse. So spielt er oft mit dem Unscharf, arbeitet mit Verfremdungseffekten, bastelt mit Bild- und Filmstreifen herum, auf denen dann doch nicht so viel erkennbar ist.

Die Nachkriegszeit widmet der Film der Beziehung zum 40 Jahre jüngeren Fotografen Horst Kettner, bringt Ausschnitte von Interviews, auch abgebrochenen und nicht zur Veröffentlichung bestimmten (aber das kann man mit einer Riefenstahl ja machen) Interviews, die sich alle mit dem Nazithema fruchtlos an ihr abarbeiten. Sie zeigt auf ein Regal mit Dutzenden von Ordnern mit Akten zu Gerichtsprozessen; da bleibt der Film uns die Antwort schuldig, wie die ausgegangen sind.

Einen Exkurs macht der Film anschließend nach Afrika zu den Foto- und Filmarbeiten mit den Nuba und wie die Riefenstahl eiskalt Werbung für ihre Sponsoren in die Szenen einbaut, da unterscheidet sie sich keinen Deut von heutigen, großen wie kleineren Filmproduktionen, nur heißt es heute Product-Placement; sie sagt entwaffnend, der Sponsor habe ihr diese Fähnchen mit Sport- Schuster-Namenszug mitgegeben und die hat sie an die Abgrenzungskordel für den Ringkampf der Nubier gehängt.

Der Film ist eine Wucht allein durch die Präsenz dieser kämpferischen und neugierig-kreativen Frau aus brauner Zeit in den Archivstücken, diese Frau mit dem Ruch des Bösen behaftet.

Andreas Veiel hätte sich durchaus einen dezidierteren Zugriff auf sein Material trauen können, damit die Grundaussage zu Leni Riefentahl nicht wie hinter Milchglas oder auf dem Treibsand der Masse des Materials, der Geschichte und auch der moralischen Anwürfe daherkommt.

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