Italo Svevo – Geheimes Schreiben in Triest (ARTE, Mittwoch, 24. Oktober 2024, 22.45 Uhr)

Flirrendes Doppelporträt

So wenig wie Triest ohne Italo Svevo und so wenig Italo Svevo ohne Triest kaum denkbar sind, so schwer ist zu entscheiden, wer von beiden in diesem schillernden Doppelporträt von Alessandro Melazzini unter redaktioneller Betreuung durch Katja Ferwagner (BR und ARTE) und Henning Weber (BR) den stärkeren Eindruck hinterlässt.

Vielleicht sind es doch die gepflegten Ansichten, viele mit Drohnen, der geschichtsträchtigen, reichen, weltoffenen Stadt Triest an der Adria, denn eine Romanfigur wie Zeno ist filmisch sicher schwieriger zu erfassen.

Von Zeno als dem Protagonisten in Sevevos Durchbruchsroman „Das Gewissen des Zeno“ ist viel die Rede als einem unsicheren Mann, der selbst für unsere Zeit aussagekräftig ist, einem Antihelden. Er steht für die Krisen des modernen Menschen, der sich nirgendwo dazu gehörig fühlt. Er steht für das, was als Modewort mit der toxischen Männlichkeit beschrieben wird.

Der Roman selbst steht für die Hinwendung des literarischen Interesses auf das Innere. Prägend für Svevo war Schopenhauer. Er ist Jamey Joyce in Triest begegnet. Er hatte indirekt Bezug zu Freud.

Alessandro Melazzini erzählt das Leben dieses bedeutenden Autors, der auch heute noch relevant ist, mit modernen dokumentarischen Mitteln, auch mit Vexierspielen mit dem Splitscreen. Er engagiert Fachleute als Talking-Heads. Er bringt aus Archiven Material über den Autor als auch über die Zeit bei. Er kann sich bei Animationen bedienen.

Selbstverständlich lässt der Dokumentarist den Autor mit Originalzitaten aus dessen Werk zu Wort kommen. Es gibt künstlerische Installationen als Reenactmens. Der Film geht auf die Heimlichkeit des Schreibens ein, auf den Job bei der Bank, auf die reiche Heirat mit einer Cousine, wodurch Svevo zum Geschäftsmann und 1.-Weltkriegsgewinnler wurde. Und wie er dann doch heimlich wieder schreibt und seinen Durchbruch noch erleben darf nach wenig wahrgenommenen Anfängen und einer langen Zeit der Schreibenthaltsamkeit.

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