Drama um politischen Irrationalismus und Verschwörungstheorien
Angesichts der schrillen Töne, die Irrationalismus und Verschwörungstheorien auf der politischen Weltbühne anschlagen, man denke nur an die absurden Kriege in der Ukraine und in Gaza, ist das Drama von Daniel Alvarenga, der auch das Drehbuch geschrieben hat, eine hochaktuelle Analyse solch menschlicher Handlungmaximen; „dia san wie bled“, wird es an einer Stelle heißen.
Alvarenga siedelt seine Geschichte in einem bayerischen Dorf im Jahre 1932 an. Sicher, es gibt unerklärliche Vorfälle, es gibt junge Menschen, die zu Tode kommen. Es gibt viele offene Fragen, auch die, ob es ein Wolf war.
Der Mensch braucht Erklärungen. Es gibt aber auch die Angst der Dorfbewohner, dass da etwas nach Außen dringen könnte. Hinzu kommt, dass der Reiche im Dorf der Einflussreiche ist, nach dessen Pfeife alle tanzen.
Und es gibt den Außenseiter im Dorf, Joseph Köhler. Den spielt Markus Brandl, ein bayerischer Schauspieler der Extraklasse, der Versonnenheit genau so zulassen kann wie grenzenlose Wut oder auch Verwunderung, Insichgekehrtheit.
Vor allem zeichnet Markus Brandl etwas aus, was die heutigen bayerischen Fernsehstars kaum mehr haben: Charme. Zudem ist er in jeder Sekunde glaubwürdig. Der Rest des Ensembles genügt den Ansprüchen des Bauerntheaters.
Joseph wohnt auf einem Hof außerhalb. Seine Frau ist gestorben. Seine erwachsene Tochter lebt bei ihm. Da er zudem Schlafwandler ist und auch mal blutverschmiert in der Nähe einer der übel zugerichteten Leichen gefunden wird, sind genügend Anhaltspunkte für die Gerüchteküche des Dorfes da, ihn zum Feindbild zu stilisieren, zum Werwolf, zum Übeltäter schlechthin.
Erschwerend kommt hinzu, dass seine Tochter schwanger wird und auf keinen Fall den Namen des Vaters verraten will. Das heizt die üblen Spekulationen über Joseph weiter an.
Der Irrationalismus steigert sich wie selbsttätig, – nur der Dorflehrer macht nicht mehr mit, setzt sich ab nach München- , dass die Dorfgranden sich auf mittelalterliches Kirchenrecht berufen, um einen Hexenprozess zu führen und sie machen das skrupulös korrekt, indem sie auf einem notwendigen Geständnis beharren. Um das zu erlangen, müssen sie die Folter anwenden.
Immerhin gibt es ein paar Frauen im Dorf, denen das ganze Prozedere nicht geheuer ist. Sie werden versuchen, es noch in letzter Minute abzuwenden.
Es ist verdienstvoll vom BR, diesen spannenden Film unter der redaktionellen Verantwortung von Harald Steinwender, in sein Programm aufzunehmen.