The Room Next Door

Heiter gelöster Suizidfilm

Heiter und gelöst gilt nur, weil dieser neueste Geniestrich von Pedro Almodóvar, der nach dem Roman von Sigrid Nunez auch das Drehbuch geschrieben hat, eben gar kein Suizid- oder Krebsfilm ist, obwohl das die Themen der ehemaligen Kriegsreporterin Martha, Tilda Swinton, sind. Sie liegt anfänglich auch schwer auf todkrank geschminkt in einer Klinik in New York. Sie hat ihre Freundin Ingrid, Julianne Moore, eine erfolgreiche Schriftstellerin zu sich gebeten.

Wenn schon Klinik, dann 100 Prozent, so macht es der Filmemacher. Da ist alles hoffnungslos. Ingrid will ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende setzen und es sei hier nicht der Versuchung nachgegeben, alle jene Exit-Filme zu zitieren, die in die Schweiz und zum Tod führen in aller Ernsthaftigkeit bis zum Schluss, ehrenwerte Filme allemal.

Nicht so bei Pedro Almodóvar. Martha und Ingrid waren mal gute Freundinnen. Die sehen sich selten. Jede ist ja ach so beschäftigt.

Es wird sich herausstellen, dass Ingrid drei dickere Freundinnen hat, die ihr alle den letzten Wunsch, bei ihr zu sein, wenn sie die entsprechende Pille nimmt, abschlagen.

In Sterben hat ein deutscher Film unlängst einen solchen Versuch gestartet.

Obwohl sie gerade umzieht, lässt sich Ingrid überreden, die letzten Tage mit Martha zu verbringen. Es wird eine sensationelle Location werden, ein Glanzstück für jede Architekturzeitschrift, ein an einem Abhang gestaffelt gebauter Mehrfachbungalow mitten in grüner Natur irgendwo in Neu-England.

Hier auf dem Land fängt Almodóvar auch an, furios mit den Farben zu spielen. Todesfarben sind out. Die Farben von Kostümen, Ausstattung und auch der Natur erzählen vom Leben. Ebenso die Themen, die die beiden Freundinnen besprechen, von wilden Zeiten, die auch traurige Spuren hinterlassen haben.

Martha hat eine Tochter, Michelle; wieso das ein Nicht-Verhältnis ist, ist eine eigene Geschichte.

Ganz auf der Seitenlinie spielen auch Vietnam und der Irakkrieg in die Story hinein. John Turturro taucht auf als Damian, ein Freund von Ingrid. So kann die Geschichte mit Martha nochmal von einer anderen Seite gesehen und beleuchtet werden.

Es ist meisterhaft, wie Pedro Almodóvar den Faden seiner Geschichte, die recht dialoglastig anfängt, um sich von der Last der Krankheit auf diese Art zu befreien, und die fortan vom Leben und nicht vom Tod erzählt, fortspinnt, ohne dass er sich auf einem Gleise der Vorhersehbarkeit festfährt, so dass man immer gespannt dabei bleibt; purer, intensiver Genuss, gerade auch die zwei besonderen Kaliber weiblicher Stars als Protagonistinnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert