Kuschelkino
Zwei wunderhübsche, junge Frauen im Whirlpool in Leipzig. Schöne Beine, Streicheln, die Zehen bewundern. So gefimt, dass wenig Struktur ist, ja dass das Bild direkt in die Nähe von verträumten Renoir-Mädchen gesehen werden kann.
Das scheint am deutlichsten die Haltung von Claire Burger, die mit Léa Mysius auch das Drehbuch geschrieben hat, zu ihrem Stoff auszudrücken.
In Straßburg gibt es das vedutische Gegenbild: ein Blick auf einen Balkon, darunter eine Fülle von violetten Blumen, ein Rausch an kuscheliger Schönheit. Damit aber will es die Filmemacherin nicht belassen.
In Leipzig im Whirlpool, das sind die Austauschschülerinnen Lena (Josefa Heinsius) und Fanny aus Stassburg (Lilith Grasmug). Der Film beginnt mit der Ankunft von Fanny in Leipzig. Imposante Bilder auch vom renovierten Hauptbahnhof.
Aber wer mitteldeutsche Filmförderung beansprucht, muss natürlich mehr über Leipzig erzählen, die AfD muss genauso vorkommen, zum Beweise korrekter politischer Bewusstheit der Regisseurin, wie die Montagsdemonstrationen. Und auf die böse Nazizeit wird auch noch zu sprechen gekommen werden.
Desgleichen bei den Sequenzen, die in Straßburg gedreht sind beim Gegenbesuch. Die Mutter von Fanny (Chiara Mastroianni) arbeitet als Simultanübersetzerin für das Europaparlament, welches, da auch das Elsass und arte mitproduzieren, werbewirkungsvoll im Bild vorkommen muss. Sie wird die Frage beantworten, wie sie die Reden von Faschisten übersetze, denn so ein Film muss sich als moralische Instanz sehen. Auch da zeigt der Film hohes, politisches Bewusstein.
Ebenso mit der rebellischen Jugend. Eine Freundin von Fanny sei beim Schwarzen Block dabei. Es gibt Bilder von Demos. Aber nicht genug. Es spielen die kaputten Familienverhältnisse der beiden Protagonistinnen mit, auch das zeitgeistig absolut korrekt.
Und dann kommen Schulstunden vor. Skypeunterricht mit der Austauschklasse. Dabei gehen die genaue Analyse der Figuren Fanny und Lena etwas unter. Sie müssen lediglich für anfänglich vague, vielleicht verklemmte, lesbische Fantasien herhalten.
Dann wiederum muss der Zuschauer sich damit beschäftigen, dass Fanny eine notorische Lügnerin sei. Wie Lena diese Info von der Mutter von Fanny erhält, will sie gleich wieder abreisen. Da erwischt sie den Vater von Fanny im Flirt mit einer Kollegin, unvorsichtig in aller Öffentlichkeit.
Es entsteht der Eindruck, als wolle die Regisseurin ihre Wohnung kuschelig einrichten mit solchen Bildern, die ihr beweisen, wie weltoffen und wie weltzugewandt sie doch sei, dabei aber die genaue Beobachtung und Ergründung ihrer Protagonistinnen verpasst.
Womit dem Zuschauer am Schluss schleierhaft bleibt, was die Regisseurin denn nun eigentlich erzählen möchte mit ihrem doch recht langen Film. Und ein Kuschelkaninchen kommt zur Erhönung der Kuscheligkeit auch noch vor. Wer von der Schockolade mit den Pilzen naschen darf, der erträgt das vielleicht besser und leichter. Die schwärmerische Schmalzmusik tut ihr übriges.