A Roadmovie to Albany,
das ist der unbeschwerte Teil dieses Filmes von Tuna Kaptan (Nacht Grenze Morgen) nach dem Drehbuch von Fentje Hanke und unter öffentlich-rechtlicher Fernsehbetreuung durch Jan Berning (SWR), Daniela Muck (ARTE) und Claudia Gladziejewski (BR).
In einem vielsitzigen, etwas abgwrackten Sprinter ist der ziemlich fertig aussehende Dietrich Lutz (Peter Schneider) unterwegs aus Hamburg nach Albanien. Neben ihm sitzt Irsa (Angjela Prenci). Über die Grenze hat er sie im Kühlraum eines LKW gegen Bestechungsgeld schmuggeln lassen.
Wenn man die Vorgeschichte nicht kennen würde, könnte man meinen, ein ungleiches Paar, eine Fahrgemeinschaft, ein Mann, der eine Tramperin mitgenommen hat. In einem albanischen Restaurant tanzen sie sogar ausgelassen und betrinken sich. In ihrem albanischen Dorf ist sie ganz begierig darauf, ihm, wie einem Lieblingsonkel, alles zu zeigen und ihn der Oma vorzustellen.
Die Oma allerdings stellt Fragen nach ihrem Sohn, der in Deutschland sein soll. Der ist auch das Missing-Link für die Vorgeschichte des Albanien-Tripps der beiden.
Ausgebeutete
In seinem Vorgängerfilm Nacht Grenze Morgen hat Tuna Kaptan hautnah Immigranten beim illegalen Grenzübertritt von der Türkei in die EU begleitet. Jetzt geht es ihm um illegale Arbeiter in Deutschland.
In einer düsteren, thrillerhaften Fahrt in der Nähe des Hamburger Hafens liest Dietrich Lutz, der sich Lutz nennt, eine Gruppe Albaner auf, um sie zu einer nächtlichen Baustelle in der neuen Hafencity zu bringen.
Die Arbeiter bereiten bei nur spärlichem Licht die Eisengitter für den Betonguss vor. Außerhalb des Kamerabereichs passiert ein Unfall, das verrät die Tonspur. Das ganze Geschehen, wird vorerst vergeheimnisst und erst nach etwa einer Stunde aufgelöst.
In der Zwischenzeit taucht als Systemsprenger Irsa auf, die auf der Baustelle rumturnt. Gleichzeitig ist Lutz in Verkaufsgespräche mit Investoren involviert; er darf keinen schlechten Eindruck erwecken.
Irsa spricht hervorragend Englisch und ist auf der Suche nach ihrem Vater. Zu vermuten ist, dass es sich bei diesem um das Unfallopfer handelt. Es sind somit die Voraussetzungen für ein Gewissensdrama gegeben. Lutz fühlt sich schuldig, weil er genau weiß, was mit dem Albaner passiert ist – der Zuschauer wird im Ungefähren gelassen.
Lutz freundet sich gleichzeitig mit Irsa, der Tochter des Opfers, an, kann ihr die Wahrheit aber nicht sagen.
Hier erinnert der Film an den kürzlich aus dem Sudan gekommenen Film Goodbye Julia, mit einer allerdings etwas unterschiedlichen Konstellation: dort sucht die Täterin direkt den Kontakt zur ahnungslosen Witwe des Opfers. Hier ist Lutz nicht mal der Täter; aber als Beschäftiger von Illegalen steht er auf dieser Seite.
Für die Kamera hat Tuna Kaptan den grandiosen Kossakovsky-Kameramann Ben Bernhard gewinnen können.