Sind so kleine Hände –
keine Aufarbeitung
Dieser Film von Julia Charakter betreibt keine Aufklärung über den Missbrauchsskandal in der evangelischen Brüdergemeinde Korntal.
Dem Film ist zu entnehmen, dass es eine Aufarbeitung gegeben hat, die ist aber unter der Fuchtel der Gemeinde entstanden, die Opfer, also die ehemaligen Heimkinder, die dort übelsten Missbrauch und Gewalt erlebt haben, werden weiterhin als nicht mündige Partner wahrgenommen, so in etwa die Darstellung von Betroffenen.
Missbrauch von Kindern ist ein schmerzhaftes Thema und vor allem scheint es, dass solcher das Leben der Missbrauchten bestimmt, dass eine Heilung nicht möglich ist. Manche, wenn sie denn nicht Suizid begangen haben, können nur damit leben, dass sie die Erinnerung tief vergraben.
Auch für die Pietistengemeinde, eine Freikirche, ist der Umgang damit nicht einfach und den Statements von Offiziellen zu entnehmen, versuchen sie zwar einen offenen Umgang, einen christlichen Umgang damit, aber man spürt aus jedem Satz, dass sie das Thema am liebsten als erledigt betrachten würden.
Die Vorstellung ist nur schwer zu ertragen, dass in so einer Gemeinde, die vor Frömmelei schier trieft, die die Brüderlichkeit und weiß Gott nicht was predigt, Glaubensbrüder und -schwestern sich an Schutzbefohlenen vergangen haben, gar systematisch, oder dass sie die Täter deckten, wenn Opfer etwas sagten, ja den Opfern sogar drohten.
Dem Ernst des Themas angemessen schneidet die Regisseurin als Schwenkfutter zwischen einzelnen Szenen Stills von Krontal, Details von Häusern oder Stadtansichten vor allem im vornehmem Grau, allenfalls eine Parklandschaft in zartem Grün.
Es berichten Opfer, die Missbrauch erlebt haben, Gemeindemitglieder, die sich jetzt damit auseinandersetzen müssen, auch mit Geldforderungen, Offizielle der Gemeinde, Mitbürger, eine ehemalige Anwältin, die im Auftrag der Gemeinde die Aufarbeitung mitgestaltete.
Das Thema ist vermutlich so schwierig, weil die Opfer den Tätern schutzlos ausgeliefert waren, weil hier ein extremer Vertrauensbruch, der sich für den Rest des Lebens auswirkt, stattfand und über den zu reden besonders schwierig ist, weil so ein Kind sich in einer Lage totaler Hilflosigkeit befindet. Und es mutet seltsam an, wenn die Gemeinde nach demütigen Worten zum Skandal zu ihrer üblichen Gottespreiserei übergeht und sich den Feiertag nicht weiter verderben lassen will.