Ein trauriges Schicksal
Samira Yusuf Omar ist 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking als Sprinterin für Somalia angetreten.
Und wenn es denn stimmt, wie es hier Yasemin Samdereli erzählt, die mit Nesrin Samdereli und Giuseppe Catozzella auch das Drehbuch geschrieben hat, so ist sie in Peking das erste Mal in Turnschuhen gelaufen, und das waren noch getragene von ihrer Zimmergenossin.
So wundert es nicht, dass sie das Rennen abgeschlagen beendet. Aber das ist nicht entscheidend, entscheidend dürfte sein, dass überhaupt jemand aus Somalia es bis in den Wettbewerb geschafft hat.
Solche Dinge bedürfen allerdings auch in einem Spielfilm, der „inspiriert von einer wahren Geschichte“ gedreht ist, der exakteren Heranführung, auch wünschte sich der Zuschauer vielleicht ein paar handhabbarere Informationen darüber, wie es in einem Scharia-Staat, wie Somalia damals war, überhaupt ein nationales olympisches Komitee geben kann, und wie die Kandidaten auf den Weg nach Peking geschickt werden. Und wie liebedienerisch das IOC mit den Diktatoren von Peking umging. Wie grotesk das alles ist, was für Gegensätze da zusammenprallen.
Der Film Tatami erzählt eine Sportgeschichte aus dem Scharia-Staat Iran und zeichnet ziemlich genau die Einflussnahme des Staates nach.
Auch die Erzählstruktur, Samia wollte nach ihrer Olympiateilnahme nach Europa fliehen, ist momentweise etwas verwirrend, da der Film immer wieder in den Rückblendenmodus verfällt und es eine Parallele zur Fluchtgeschichte einer anderen jungen Frau gibt.
Der Film startet mit einer kurzen Heranführung an die chaotischen politischen Verhältnisse in Somalia, dass schon neun Jahre nach der Befreiung für 20 Jahre eine Diktatur kam und dass Samia in der chaotischen Zeit darnach zur Welt gekommen ist.
Wunderbar impulsiv und mit einer jugendlich ungezügelten Kamera schildert der Film die Kindheit, die Konkurrenz mit ihrem Bruder auf dem Schulweg, wer schneller sei, die natürliche Entwicklung des Lauftalentes über Stock und Stein. Das Ziel, den Stadtlauf zu gewinnen, erreicht sie schon bald.
Ein weiterer Film, der über einen afrikanischen Läufer erzählt, ist Running Against the Wind.
Mit 17, jetzt wird Samia dargestellt von Ilham Mohamed Osman, träumt sie immer noch davon, Läuferin zu werden. Ihr Bruder Ali (Elmi Rashid Elmi) trainiert sie nun. Gleichzeitig aber sehen wir sie schon auf der Flucht, auf die Ladefläche eines LKW gepfercht mit vielen anderen Somaliern. Sie werden in Libyen direkt in ein Gefängnis gekarrt und dort ausgenommen.
Wunderbar erzählt hat so eine Fluchtgeschichte der Film Ich Capitano. Irgendwann sitzt Samia im Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer. Der Motor ist abgestorben. Jetzt könnte eine Rettungsaktion wie in Einhundertvier einsetzen.
Ab hier unterscheidet sich dieser Film allerdings von den beiden anderen. Man darf davon ausgehen, dass der Zuschauer, der den Film wegen Samia anschaut, Bescheid weiß, zumindest informiert er sich vorher soweit, um zu wissen, ob der Film gut ausgeht oder nicht, dieser geht nicht gut aus.
Der Film reißt den Zuschauer mit Samia mit in die Tiefe. Ob das filmkommerziell eine so gute Idee ist? Mindestens die doch sehr filmerfahrenen deutschen Filmförderer, die sich in Vor- und Abspann drängeln, hätten die Regisseurin wenigstens auf offensichtliche Schwächen des Drehbuches aufmerksam machen dürfen. So sieht es aus, als ob sie die Filmemacherin nolens volens auflaufen lassen wollten.