Alles Fifty Fifty – Eine Erziehungskomödie

Typisch deutscher Themenfilm

Gewaltig sind die Hindernisse, die sich einem deutschen Filmemacher bei der Realisierung zu einem Kinofilm in den Weg stellen. Und was hinten rauskommt, passt wie hier, überhaupt nicht ins Kino. Nicht, dass es an tauglichen Akteuren mangelte.

Moritz Bleibtreu ist ein inzwischen wunderbar gereifter Kinodarsteller, hier als Anwalt Andi, der sich von der Mutter seines Sohnes getrennt hat. Aber um so einen prächtigen Darsteller herum Ebenbürtiges zu finden, da tut sich die Casting-Abteilung offensichtlich schwer.

Das mag auch am Buch von Regisseur Alireza Golafshan (mit Die Goldfische war er noch ein hoffnungsvolles Talent) liegen, das die Hürden von Förderern und TV-Redakteuren erst nehmen muss. Dabei dürfte so einiges, was nicht passte, passend gemacht worden sein. Diese Hinter-den-Kulissen- und Vor-dem-Dreh-Vorgänge bleiben allerdings im Dunkeln, somit die Genese eines solchen Filmes, der im Kino nur abschmieren kann, so sorgfältig vor allem in den anfänglichen Teilen die Dialoge auch gearbeitet sein mögen.

Allerdings scheint auch ein Kinoerfolg niemanden der Beteiligten zu interessieren; Kino wird hier lediglich als Melkkuh für zusätzliche Fördergelder begriffen, wenn ich das richtig sehe. Niemand muss mit so einem Film zusätzlich Geld verdienen, ist ja alles finanziert und auch kaum jemand hat etwas davon, wenn der Film an der Kinokasse Kohle macht.

Insofern scheint so ein Projekt lediglich Beschäftigungstherapie für Fernsehredakteure, Filmförderer, Produzenten, Regisseure, Akteure etc. etc. Es hält eine Maschinerie am Laufen, die sich selbst bestätigt, indem sie Filme herausbringt. Natürlich gibt es gewisse Anforderungen. Der Film soll ein aktuelles Thema behandeln.

In seinen anfänglichen und besten Momenten erweckt der Film auch den Eindruck, ein treffliches Abbild moderner Wunderdeutscher abzugeben, Anwälte beide (Laura Tonke als von Andi geschiedene Marion), schicke Wagen beide, die trennen sich das Sorgerecht, wie der Titel verspricht, halbe halbe.

Da vermag der Film einen Kurzfilm lang tatsächlich zu fesseln, man denkt, ah, so pointiert ist dieser moderne deutsche Way of Life nicht grad oft auf die Leinwand gebracht worden. Das scheint jedoch mehr ein nicht direkt intendierter Nebeneffekt zu sein, denn offensichtlich soll der Film generell das Thema Scheidungsfamilie behandeln. Dazu muss jetzt gebogen, geworgt, erfunden werden.

Die Familie läuft, ohne dass man Näheres auch nur über einen der Charaktere erfährt, im Fifty-Fifty-Modus reibungslos. Für den Urlaub gibt es einen Konflikt mit den Terminen. So entscheidet man sich, zu viert in die Luxusanlage in Apulien am Meer zu fahren, der neue Lover von Marion mit dabei, Robin.

Wie kann man nur in der Konstellation David Kross als Robin besetzen. Irgendwie muss doch eine Beziehung zu Moritz Bleibtreu herstellbar sein, entweder Gegenstück oder stärkere Ausprägung, eine klare Differenz halt. Die ist hier aber nur, dass Kross als Fitnesstrainer als deutlich langweiligere Figur inszeniert wird. Da tun sich keine Gräben, keine Spannung auf.

So fängt denn der Film an zu schlingern, versucht sich in Situationskomik zu retten, die Zimmernummer mit dem Aussperren, mit Slapstick (das Verfahren des gelben Wagens in den engen Gässchen) oder dem Amüsement über ein Hygieneproblem im Pinienwaldcampingplatz – wirken wie hilflose Versuche gegen den Untergang.

Der Film wird, da er darauf verzichtet, aus einer klaren Perspektive einer der Figuren erzählt zu werden, zu einer Aneinanderreihung mehr oder weniger geglückter solcher erfundener Einzelszenen.

Der elfjährige Bub lernt noch Kinder vom nahen Campingplatz kennen, irgendwann haut er ab. Er soll schwimmen lernen, dazu wird noch eine Bademeisterfigur mit migrantischem Hintergrund erfunden und beinah denunziert, denn alle anderen lässt der Film dieses synthetische Fernsehdeutsch sprechen, nur ihm wird ein diffuser Akzent untergeschoben.

Ein Film, dem so ein klarer Fokus fehlt, was sich wegen einer Kamera, die Dienst nach Vorschrift zu schieben scheint noch gravierender auswirkt, findet dann auch nur schwer zu einem Ende, weil er ja keine klare Ausgangsposition hat, auch wegen mangelnder Charakteranalyse der Hauptfiguren.

Viel Aufwand zur Selbstbeschäftigung deutscher Kinogewerke, ohne dass sie zu einem Erzählfluss finden würden. Viel Mühe umsonst. Vielleicht nimmt der eine oder andere als Lehre aus dem Film mit, dass Delphine ihre Frauen vergewaltigen würden (Info als Kommentar zum Scheidungsthema gemeint) – und fühlt sich dann womöglich selbst legitimiert dazu.

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