Eine Abstrusität
Da dieser Film für mich nicht aus sich heraus seine Notwendigkeit, seine Dringlichkeit erklären kann, muss ich fantasieren.
Vielleicht hat der weltberühmte Regisseur Ridley Scott seinem Töchterchen Jordan zu ihrem Geburtstag einen Film schenken wollen. Sie ist nämlich hier die Regisseurin und hat nach einem Roman von Nicholas Hogg auch das Drehbuch geschrieben. Papa würde für die Produktion stehen. Weiter steht als Produzent im Abspann auch Protagonist Eric Bana als Autor und Wissenschaftler Ben. Der ist ein Amerikaner und lehrt in Berlin. Seine Frau, von der er offenbar getrennt ist, lebt in Kalifornien.
Ridley Scott wird dem Töchterchen mit auf den Weg gegeben haben, sie solle sich einen Stoff suchen, der mit Berlin zu tun habe, oder der nach Berlin transferierbar sei, denn German Filmmoney sei nach wie vor stupid und würde jedem, der dort dreht, in den A. geschoben, ohne dass sich einer ins Drehbuch einmischt, dieses gar lesen würde.
Übrigens, auch die deutschen Zwangsgebührenzahler seien stupid und würden über das Medienboard Berlin-Brandenburg ungesehen noch weiteres Geld zuschießen. Sowieso würde ihr der Name Scott Tür und Tor öffnen, denn die Deutschen seien nach wie vor extrem namensgläubig.
So kam es dann wohl, dass Töchterchen einen Stoff fand, der mit Tokio zu tun hatte, den sie aber nach Berlin umschreiben konnte. Damit wiederum ist für die Internationalisierung deutscher Stars eine Startrampe geschaffen. Sie, das sind allen voran Jonas Dassler und Sophie Rois, dürfen in diesem Film englischsprache Figuren spielen, die im Deutschen einen englischen Akkzent haben. Hört sich putzig an.
Weniger putzig ist das Thema, wenn es denn überhaupt eines gibt. Das sind Sekten und Massenselbstmorde. Damit ist Vater Ben (Eric Bana) auch als Spezialist beschäftigt. Ihn besucht seine Tochter Mazzy (Saddie Sink). Am Flughafen stößt sie wie zufällig mit Martin (Jonas Dassler) zusammen.
Im aufgekratzt inszenierten Spiel der Schauspieler wird auch sofort klar, dass hier das Männchen-Weibchen-Game in Gang gesetzt wird. Das passiert ebenso beim Papa und seiner Mitarbeiterin Nina (Sylvia Hoeks). Diese Geschlechterspiele laufen erwart- wie absehbar ab, wenn denn nicht das Drehbuch noch ein paar Verwicklungen mit der Sekte der ausgemergelten von Hilma (Sophie Rois) in petto hätte.
So richtig klar kann der Film nicht machen, ob ihn mehr das Sektenwesen und die es umrandenden Theorien vom Menschen und deren Gruppe und dem Alleinsein interessiert oder die Paarungsspiele oder, was tiefer sitzen könnte, das Verhältnis von Kindern zu ihren Eltern oder wie im Falle von Martin zu seiner Großmutter.
Unsicherheiten lässt der Film auch auf der extrem auf Kommentar gebürsteten Tonspur erkennen. Auffällig auch ist die Darstellung der Figuren als modern gestriegelte Menschen, so wie man sie sich in der Gentrifizierung vorstellt, was etwas Dozierhaftes hat zusammen mit der theatralen Inszenierung und auch wie die Kamera sie wie überpointiert in den Fokus setzt; so kann kein Geheimnis entstehen. Ach ja, und das „Überleben des Planeten um jeden Preis“ ist noch so ein reingespielter geistiger Akkord.