Blickpunkt Sport: Dressurreiterin Jessica von Breow-Werndl: Zwischen Familie und Olympia (BR, Samstag, 20. Juli 2024, 17.00 Uhr)

Nahtoderfahrung im Leben der Reichen –
Gefällige Präsentation eines Luxusunternehmens

Krönung des hier vom BR liebesdienerisch präsentierten Unternehmens und seiner Kultur wären natürlich Medaillen, womöglich in Gold, bei den bevorstehenden olympischen Spielen in Paris.

Das vorneweg: Jessica von Bredow-Werndl präsentiert sich glaubwürdig als eine Pferdeflüsterin, die beinah errötet, wenn von den Skandalen im Pferdedressurbereich die Rede ist. Sie setzt voll auf das Spielerische, auf das subtile Teamwork zwischen Pferd und Mensch; wobei das Pferd als der Meister bezeichnet wird.

Viel Fantasie braucht es nicht, wenn man die beiden in der Halle oder im Wettbewerb reiten sieht, zu sehen, dass die rundum eine Einheit sind und glücklich, fast scheinen sie zu schweben über der Erde und über den Dingen, so traumhaft leicht wie einsten ein Beckenbauer auf dem Spielfeld. Oft wirkt Pferdedressur deutlich stressiger.

Und klar, sollte sie aus Paris Gold heimbringen, dann wird es womöglich wieder heißen „Wir sind Goldmedaillengewinner“.

Die Reportage von Julia Scharf und Franziska Nibert mit der lakaienhaft angepassten Moderatorin wirkt wie ein Hochglanz-PR-Film, es soll kein Schatten auf das Unternehmen fallen. Dieses wird geleitet von Jessica von Bredow-Werndl, die in Tokio als Einzelreiterin eine Goldmedaille geholt hat und eine mit der Gruppe, und von ihrem Bruder, der ebenfalls Dressurreiter ist.

Das Unternehmen besteht aus einem riesigen Landgut mit Vorzeigestallungen, Weiden und Übungsplätzen und ausgedehntem Wohnraum für die Großfamilie, auch Oma und Opa leben hier nebst den beiden Reitern mit ihren Familien und es gibt 30 Angestellte.

Im Film ist auch Platz für die Schilderung des rundum glücklichen Familienlebens im Schnee oder bei Rennen oder auf dem eigenen Landgut.

Unklar bleibt, wie weit dem BR-Redakteur Andreas Egertz und seiner Mitarbeiter Katharina Schmidt bewusst ist, dass es sich hier um die Schilderung eines abgehobenen Lebensstils handelt und dass die Reportage aus Zwangsgebühren bezahlt wird, die auch aus den Kassen einkommensschwacher Haushalte gefüttert werden, die sich nie auch nur eine Reitstunde oder einen Skiausflug nach Kitzbühl leisten könnten, die sogar an elementaren Dingen sparen müssen – um dann solche Exklusiv-Werbung für Luxusgüter und das Luxussegement in unserer immer mehr von Spaltung bedrohten Gesellschaft (Indikator dafür ist das Erstarken der AfD) zu machen. Manchmal hat man inzwischen der Eindruck, dass dem BR der Ernst der Lage um die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes noch nicht so recht bewusst ist.

Abgesehen davon: es wirkt schon sehr schleimig, dass in solchen „Dokumentationen“, die reine Unternehmenswerbung sind, nie von Geld geredet wird. Das Selbstverständnis einer Schicht, in der es heißt, von Geld redet man nicht, das hat man. Das trifft leider für Millionen Beitragszahler nicht zu. Für einen Schuss Tragik muss allerdings auch in so einer Sendung Platz sein. Die Protagonistin kann von einer Nahtoderfahrung berichten am Schnapszahltag 10. 10. 2010. Und ihr Bruder muss den Verlust eines Pferdes betrauern.

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