„Your children are not your children. They are the son and daughters of Life’s longing for itself…“
Gibran Khalil Gibran. The Prophet.
Gutmenschen
sind nicht unbedingt gute Menschen. Aus der tunesischen Revolution ist ja auch nichts geworden.
Gutmenschen sind eher Menschen, die ganz schön was zu versteken haben, ohne es sich anmerken zu lassen.
Gadeha (Yassin Tormsi) lebt mit seiner Mutter und seinem kleinen Schwesterchen in Tunesien am Meer. Vater ist nicht vorhanden, soll aber bald wieder zurückkommen. Gadeha vermisst die Vaterfigur. Er tobt mit seinen ebenfalls halbwüchsigen Freunden am Strand herum, erleidet einen Unfall und kommt ins Krankenhaus. Er braucht eine Operation. Die kann er aber nur erhalten, wenn seine Mutter die auch bezahlt. Mit was denn?
Da meldet sich ein netter Herr, er übernehme das. Gutmenschen eben, die ganz human und mitmenschlich handeln. Und nicht nur das. Der Fischhändler und seine Frau nehmen die halbvollständige Familie bei sich auf, haben extra ein kleines Haus für sie eingerichtet.
Gadeha ist ein für sein Alter bereits sehr ernsthafter junger Mann voller Zweifel. Er ist von der OP genesen. Bei seinen Erkundungen im neuen Heim findet er eine dicke Rolle mit Geldscheinen.
Dann kommt der Sohn Oussama (Ahmed Zakaria Chiboub) des Fischhändlers aus der Klinik zurück. Er braucht noch einen Rollstuhl. Die beiden junge Männer freunden sich an. Oussama bringt Gadeah das Bogenschießen bei.
Anis Lassoued, der mit Chea Ben Chaabene auch das Drehbuch geschrieben hat, arbeitet mit erzählerischen Tricks, damit er erst das Gutmenschenleben schildern kann. Das plätschert dahin, nur die kritischen Blicke von Gadeha lassen anderes vermuten, aber ihm geht es mehr um seinen Vater.
Es ist ein ruhiges Familienleben. Es gibt eine Oma, die den beiden Jungs Goldkettchen schenkt, einmal taucht das vorherige Leben der weniger bürgerlichen Jungs und früherer Freunde von Gadeah bei ihm auf. Das wird von den Gastgebern, von der Ersatzfamilie, nicht gut aufgenommen.
Es ist Idylle pur. Allein Mutter blickt so finster, dass sie nicht so ganz in diese nette Welt passt. Der Fischkutter des Fischers wird gezeigt. Es gibt ein Familienfest. Die Jungs springen in den Pool. Oder sie sitzen auf einer Bank am Strand und nehmen auf ihren Handys Videos mit hübschen Frauen und deren Wellenbewegungen auf.
Dann passiert der Bruch. Der zeigt, dass dieses vermeintliche Gutmenschentum so ziemlich alles andere ist. Das führt zu einer hochdramatischen Entwicklung, zu harten, existenziellen Auseinandersetzungen.
Wermutstropfen in dieser verführerisch schön erzählten Geschichte ist die deutsche Synchronisation, die ist, um es freundlich zu sagen, nicht berauschend, die bedürfte dringend eines Klinikaufenthaltes.