Polizeifruf 110: Funkensommer (ARD, Sonntag, 26. Mai 2024, 20.15 Uhr)

Polizeiruf goes RomCom

Nach einer halben Stunde landen sie gegen jede Krimilogik bereits im Bett, die Ermittlerin Chris Blohm (Johanna Wokalek) und Hanno Senoner (Golo Euler).

Sie sind die Qualitätsschiene in diesem an sich belanglosen Polizeiruf von Alexander Adolph unter redaktioneller Betreuung von Claudia Simionescu und Tobias Schultze. Sie bieten sich an als Kinotraumpaar für Courts-Mahler-Verfilmungen, reifere Liebe, egal, ob das im Nachheinein nur Fake ist, das begründet vielleicht, warum es so schnell geht. Aber die Phase am Ende auf dem Lande bietet auch die entsprechende Kulisse, vorher schon der Sonnenuntergang von der Brücke.

Die Story selbst ist haarsträubend, wie Senoner, der Brandspezialist, der für die Aufkärung des Mordfalles zuständige Experte, in den Fall verwickelt ist und nicht weniger haarsträubend, aber reine Empfehlung für Neo-Soft-Porno, die Auflösung auf dem Felsen mit wunderbarem Blick in die Natur. Der Rest ist Schweigen.

Ein renommierter Taxiunternehmer (Frederic Linkemann) will ein Haus abreißen lassen, bekommt die Genehmigungen nicht und – häufiges Vorgehen – will das durch einen Brand organisieren. Eine illegale Putzfrau aus Kolumbien (Vreonica Santos Ruiz), die kaum Deutsch kann, aber auf Deutsch Flauberts „Ein schlichtes Herz“ liest – den TV-Redakteuren zum Schmeicheln vermutlich – kommt dabei ums Leben. Vielleicht will das Öffentlich-Rechtliche dem dummen Zuschauer vermitteln, dass Zuwanderer gebildet sein können. Schuss dürfte daneben gehen.

Zur Verkomplizierung und erweiterten Verdachterweckung muss noch ein dattriger Herr Busch (Gerhard Wittman) erfunden werden.

Der Film erzählt lebhaft von dem Bemühen, eine glaubwürdige Fernsehrealität zu behaupten, lässt es so oft wie möglich „menscheln“, man verzeiht sich, man entschuldigt, sich, Anmache und Eifersucht werden hinzugefügt, Fragen zur Befindlichkeit, Befragungspeinlichkeit über Lautstärke in der Pinakothtek, Ansatz eines Rivalen-Hahnen-Kampfes, der Thriller besteht aus bekannten Genreversatzstücken angereichert mit dem Thema der Schwarzarbeit/Ausbeutung und Illegalität, das soll ablenken vom Rückgriff auf das Schmonzetten-Element und die Geneigtheit des Kritikers will der Regisseur sich erkaufen, indem er den „Kino“-Schriftzug vom City-Kino in der Schwanthalerstraße passieren lässt, wo immer jede Menge Pressevorführungen von Kinofilmen stattfinden.

Immerhin hält sich das Audi-Product-Placement mit Dienstwagen in Grenzen, es gibt gar keines davon. Und für die ganz Fantasielosen im Publikum inszeniert der Film Rekonstruktionselemente der Kommissarin, die sie im Geiste vornimmt.

Seiner Hauptaufgabe, so wie ich das vermute, nämlich gesellschaftliche Probleme der Republik plausibel und unterhaltsam mittels Krimis zu vermitteln und spannend aufzudröseln, wird dieser Polizeiruf in keiner Weise gerecht. Er tippt solche höchstens mal an und schleicht sich billig mit Menscheleien von dannen mit einem gekonnten Melo am Rande der Kitschdusseligkeit in Richtung 50-er Jahre Heimatfilm.

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