Der Kolibri – Chronik einer Liebe

Und fliegt und fliegt und bleibt doch stehen,

so wird in diesem Film von Francesca Archibugi, die mit Laura Paolucci und Francesco Piccolo auch das Drehbuch geschrieben hat, die Hauptfigur Marco Carrera charakterisiert, weshalb er auch Kolibri genannt wird (in der ältesten Variante eindrücklich gespielt von Pierfrancesco Favino).

Es ist eine Familiensaga über mehrere Jahrzehnte über die Carreras aus Florenz. Am Tyrrhenischen Meer in der Nähe von La Spezia hat die Familie eine Villa an der Steilküste, wo mehrere verlockende Sommeranwesen verwirrend ineinander gebaut sind.

Direkt neben der Sommerresidenz der Carreras ist diejenige der Familie Latte. Während die Carreras zwei Söhne und eine Tochter haben, fällt bei Lattes vor allem Luise (in der ältesten Variante gespielt von Bérénice Bejo) auf. Die Jungs sehen sie gerne etwas erhöht über dem Level der eigenen Familienvilla.

Vielleicht ist das ein gelungener, erzählerischer Trick, dass Francesca Archibugi in den Anfangsszenen die ganze Familie vorstellt. Es gibt da noch Papa und Mama, später die Ehefrau Marina (Kasia Smutniak) von Marco.

Der Zuschauer sieht sich im ersten Momen vor einem Rätsel. Auch wenn relativ schnell in den Zeitebenen zwischen der Mitte des letzten Jahrhunderts mit Zwischenstufen bis heute gewechselt wird. Aber vielleicht genau so verwirrend, dass der Rätselinstinkt in einem geweckt ist und man versucht, die Zusammenhänge herzustellen.

Da die Figuren andererseits exquisit gecastet sind, gerade auch im Hinblick auf die Kontinuität durch die Jahrzehnte und ebenso exquisit von der Regie geführt und beim Marco sind es Blick und Brille, die ihn schnell in jedem Alter identifizieren lassen, ist das Interesse an der Geschichte dieser Familie geweckt, die in der Art eines pointillistischen Kinos die Szenen leicht hintupft, wie zufällig wirkt das, ergibt aber schnell den großen Zusammenhang.

Die Verrückheiten in der Familie, die Unzlänglichkeiten, all das Unpassende zwischen den Charakteren und den Geschlechtern und ein paar Wahnsinnsdinge, finden so ihren sinnigen Platz.

Zudem weckt der Besuch des Psychiaters Daniele Carradori (Nanni Moretti) bei der Frau von Marco, Letizia (Laura Morante), das Interesse, nicht nur, weil er Intimitäten, die den Beratungsraum des Seelendoktors nicht verlassen sollten, ausgeplaudert werden, sondern weil offenbar eine Gefahr für den Ehemann bestehe.

Hier erfährt Marco auch, dass seine vorgeblich platonische Liebschaft zu Luisa, die sich nach Paris verzogen hat und im Wesentlichen aus Liebesbriefen bestehe, nicht so geheim ist, wie er denkt.

Ein weiteres Element im Game dieser Familie ist das Pokern, dem Marco unwiderstehlich frönt. Bei einem geplanten Flug nach Ljubljana über Zypern mit einem Pokerfreund, rastet dieser im Flugzeug aus, so dass die beiden den Flug nicht antreten können. Das Flugzeug stürzt ab. Keiner der Insassen überlebt. Das wird später den Faden zu Marina spinnen. Ziemlich crazy Geschichte.

Der Film wechselt in der Location zwischen dem eleganten Familiensitz an den Abhängen von Florenz, der Villa am Tyrrhenischen Meer und einigem Beifang in Bars, Flughafen, Kliniken und anderen, auch geheimeren, mondänen Örtlichkeiten und zwischendrin gibts einen Blick auf Florenz.

Ein spezielles Zückerchen hält der Film für Eisenbahnmodellbaufans bereit. Und Pierfrancesco Favino erinnert als Marco mit seiner dicken Brille im Alter und mit den großen Augen an Alec Guiness als Carrés Smiley.

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