White Bird

Hier versucht einer, Marc Forster (u.a. James Bond 007: Ein Quantum Trost), einem Holocaustverarbeitungsfilm, Drehbuch Mark Bomback nach dem Roman von R. J. Palacio, Power einzuflößen, ihn mit Actionfilmelementen auf Rom-Com-Hollywood-Blockbuster hochzubürsten. Das geht sich nicht so ganz aus und geht garantiert auf Kosten der Street-Credibility.

Sara Blum (Helen Mirren) ist eine weltbekannte Künstlerin und gerade gibt es in New York eine Retrospektive von ihr. Sie lebt in Frankreich, nutzt die Chance, ihren Enkel Julian (Bryce Gheisar) zu besuchen. Der hat gerade, weil er seines früheren Colleges verwiesen wurde, die Schule gewechselt und ist seit einigen Tagen an der Yates Academy.

Dieser Neubeginn erinnert, so wie er geschrieben, inszeniert und gespielt wird, an Mean Girls: Der Girls Club. Verschiedene Gruppen mühen sich um den Neuankömmling. Mit Bryce Gheisar hat der Film eine prima Besetzung gefunden, der sowohl Zweifel als auch Neugier wie Insichgekehrtheit von so einem jungen Mann trefflich rüberbringt. Er ist mit Helen Mirren, seiner Oma, für die Rahmenhandlung zuständig, die im Heute spielt, weitgehend eine Dialogszene.

Die Oma bemerkt, dass der Enkel Probleme wälzt und sieht die Zeit gekommen, Dinge aus ihrem Leben zu erzählen, die bis jetzt unter Verschluss geblieben sind.

Es ist dies ihre Vergangenheit zur Zeit der Nazibesatzung in Frankreich. Sie ist Jüdin. Dort wächst sie als zeichnerisch begabte Tochter eines wohlsituierten, gebildeten Ehepaares in Aubervilliers auf. Sara wird jetzt gespielt von Ariella Glaser, Spielalter 15; es ist 1942. Und es gibt in ihrer Schule einen Julien (Orlando Schwerdt). Der ist ein Außenseiter, weil er Polio hatte und mit Krücken gehen muss. Sein Vater arbeitet in der Fischfabrik.

Auffallend an Forsters Inszenierung ist, wie beeindruckend er den jungen Mann inszeniert, einerseits feinfühlig ist, andererseits behindert und der von den Mädchen nicht beachtet wird, auch nicht von Sara.

Das Blatt wendet sich, wie die Nazis in der französischen Provinz einmarschieren und anfangen, die Juden zu jagen und zu deportieren. Das Actionhafte daran bringt Forster temporeich montiert, auch die üblichen Nazipropagandabilder schneidet er nur ganz kurz rein, so dass nicht der geringste Verdacht das Draufreinfallens entstehen kann.

Die neue Situation schließlich verbindet Sara und Julien. Sie kann den Häschern entkommen und wird von Julien und seiner Familie in einer Scheune versteckt. Hier wird sich, da sich die Besatzung in die Länge zieht, bombastisch die Rom-Com zwischen den beiden entwickeln, eingewickelt in dickste Süßmusik und nicht verschont vor lebensbedrohlichen Situationen, denn nicht nur die Nazis sind da, es gibt auch genügend französische Kollaborateure, auch in der Altersklasse der beiden Liebenden.

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