Irdische Verse

Satirepotential von Bürokratie

Diese dürfte weltweit ähnlich ergiebig sein. Daraus schöpfen Ali Asgari und Alireza Khatami. Sie nehmen die bürokratischen Auswüchse im iranischen Gottesstaat aufs Korn.

Das Inszenierungs- und Montageprinzip ist einfach und trägt trotzdem oder gerade deshalb den Film recht unterhaltsam.

Pro Szene gibt es eine Protagonistin oder einen Protagonisten. Die Szene ist nach ihm benannt. Die Szenen werden mit fixer Kamera in einer Einstellung durchgedreht. Die Kamera befindet sich neben der Büroperson. Letztere ist nie zu sehen, allenfalls eine Hand und sonst nur als Stimme des satirischen Dialoges.

Die Protagonisten sind Bittstellende, die einen Job suchen, einen Führerschein brauchen, den Namen eines Neugeborenen eintragen lassen wollen, wegen eines vorgebliche Verkehrsvergehens zitiert werden oder gar die Finanzierung für ein Drehbuch suchen.

Jeder Zuschauer dürften spontan ähnliche Situationen aus unserer Welt in den Sinn kommen; wenn auch vor der Folie nicht des Weltbildes des Gottesstaates; da sehen lediglich die bürokratischen Grenzüberschreitungen anders aus. Bei uns dürfte kaum je ein Bürokrat verlangen, sämtliche Tatoos am Körper eines Klienten (der hat die titelgebenden irdischen Verse tätowiert) zu sehen zu bekommen oder dass der Klient Koranverse aufsagt.

Jeder deutsche Filmemacher dagegen dürfte die Situation kennen, wo potentielle Geldgeber, meist das öffentlich-rechtliche Fernsehen, ein Wörtchen – und generell wohl eher nicht zugunsten der Qualität des Drehbuches – mitreden wollen.

Der Film fängt mit einer endlos langen Einstellung einer Vedute des erwachenden Teheran an, so dass man schon an Andy Warhols „Empire“ denkt, stundenlang nur dieses eine Building filmen konnte.

Den Schluss dieser bürokratiekritischen Nummernrevue bildet ein kommentierendes Kontrabild zur Anfangseinstellung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert