Opus – Ryuichi Sakamoto

Kino zum Hören

Klar, dieser Film von Neo Sora ist eindeutig eine Dokumentation.

Er dokumentiert, wie der 2023 verstorbene Komponist und Pianist Ryuichi Sakamoto in schönster Schwarz/Weiß- Studioatmosphäre mit Schlaglichtfotografie auf einem Yamaha-Flügel eine Eigenkomposition spielt.

Der ewig intellektuell-hungrige info- und statementsüchtige Filmfresser kommt hier sicher nicht direkt und sofort auf seine Rechnung, keine Zwischentitel, keine Interviews, keine Schlüssellochperspektive, keine Anekdoten, keine Archivaufnahmen, keine Konzermitschnitte mit begeisterten Zuschauern.

Harte Kost für den erwähnten Filmfreak. Er muss sich einlassen auf eine Musik, die unaufhaltsam dahinplätschert, ganz weich angeschlagen, eher Moll denn Dur, eher nachdenklich denn lebensfreudig. Er muss sich visuell begnügen mit dem weiß-strähnigen Haar des Komponisten über dem Gesicht mit der starken, dunkelrandigen Brille. Oder über einen gebeugten Kopf, über Hände, die über die Stirn streichen, dann wieder weiße Tasten, eine gespreizte Hand, die wie an Fäden gezogen sich über die Tasten bewegt.

Keine nacherzählbare Story, kein Plot, kein zu analysierender oder zu berichtender Twist. Nur ein weit nach oben sich reckender Flügeldeckel, Mikros, eine Lampe, ein Pianist. Er murmelt auch mal was vor sich hin. Ein Konzert in Echtzeit.

Man kann sich beim Schauen dieses Filmes auch einer Träumerei von möglichen Filmen hingeben, zu denen diese Musik hervorragend und diskret passen würde, Filme, die achtsam und differenziert Menschenschicksale betrachten, die von einer Lakonie des Glückes erzählen; vielleicht auch von Unwiederbringbarkeit, von der additiven Leistung von Dauer.

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