Club Zero

Regie der eisernen Hand
(Regie ohne Krümel)

Jedes einzelne Bild dieses Spielfilmes von Jessica Hausner, die mit Géraldien Bajard auch das Drehbuch geschrieben hat, erzählt, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde, dass hier die Achtsamkeit, die in Bezug auf Essen das zentrale Thema ist, auch im Regiehandwerk dermaßen auf die Spitze getrieben worden ist, dass es nach Diktatur aussieht. Oder nach künstlerischem Verhungern?

Diktatur der Achtsamkeit. Irgendwie eine Parallele zum Inhalt.

An einem vornehmen Privatinstitut kommt als neue Lehrkraft Ms Novak (Mia Wasikowska). Sie gilt als Kapazität auf dem Gebiet der Achtsamkeit und Ernährung. Nur wer achtsam damit umgeht, tut etwas zur Rettung des Planeten. Sie gewinnt das Vertrauen ihrer Schützlinge Fred (Luke Barker), Ben (Samuel D Anderson), Ragna (Florence Baker), Elsa (Ksenia Dvriendt). Sie fangen an, achtsam zu essen.

Das grenzt an Komik, wenn sie in der Institutskantine nur noch kleinste Schnipsel abschneiden, diese lange vor den Mund halten, atmen bis sie den Bissen in den Mund stecken, resp. in der späteren Phase wieder in den Teller zurücklegen.

Jessica Hausner inszeniert und beobachtet ausladend diese Vorgänge und wie sie sich bei den Youngstern zuhause spiegeln, alles beste Verhältnisse, die gewohnt sind, gut aufzutischen und zu essen, selbstverständlich so, dass kein Krümel auf der glatt polierten Tischplatte liegenbleibt, die eiserne Regiehand sorgt dafür.

Wobei es sicher neckisch wäre, nach Natürlichkeiten und Zufälligkeiten zu suchen in einem Film, der so mit dem eisernen Besen gebürstet worden ist. Dazu passt die Musik, die aus dem griechischen Staat Sparta stammen könnte, falls es dort so etwas überhaupt gegeben hat, nun ja, es dominieren hingeknarzte Einzeltöne, als ob die Regisseurin auch da einen jeden unter Kontrolle haben möchte.

Ein Dozierkino vielleicht, das der reinen Message den Vorrang einräumt und nichts soll davon ablenken, schon gar keine sexy Kostüme – falls es für unsexy Kostüme einen Oskar geben würde, hätte ihn sich Jessica Hausner mit diesem Film mehr als verdient.

Ganz kann der Film aber dem pädagoggischen Eros, der so großartig in The Holdovers untersucht und herausgearbeitet wird, nicht entkommen. Auch hier bleiben einige Studenten im Internat zurück über die Weihnachtsferien. So werden Fred und Ms Novak zusammen in die Oper gehen und sich auch so treffen. Die Oper ist naheliegend, da Fred – eine wunderbar ephebische Natur – auch tanzt.

Allerdings wird dieser Opernbesuch, da private Treffen zwischen Lehrkräften und Schülern nicht erwünscht sind, negative Folgen haben. Wie überhaupt mit der Idee, sich vom Licht zu ernähren, ein Element in den Film kommt mit schicksalshaften Konsequenzen.

Ulrich Seidl hat in Paradies Hoffnung das Thema bereits gut merkbar aufgefächert. Frau Hausner treibt mit ihrem Film die Bulimie (des Kinos) auf die tödliche Spitze.

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