Charmante Räubergeschichte
Was ist das für ein Leben, noch 25 Jahre jeden Tag zur Bank in Buenos Aires gehen, sagt sich Morán (Daniel Eliás). Und jeden Tag an der Bankkasse stehen, Geld auszahlen, dann wieder mit einer Blechkiste in den Tresoraum gehen, wo die Scheine bündelweise gestapelt sind.
Nein, das ist keine erfreuliche Lebensaussicht. Morán hat einen Plan. Er rechnet aus, wie viel Geld er im Moment braucht, so viel wie er gerade verdient, und wie viel das macht für die restlichen 25 Jahre, die er noch arbeiten muss. Er kommt auf einen Betrag von etwas über 300′ 000 Dollar (in argentinischen Pesos wäre wohl schlecht rechnen bei der grassierenden Inflation, aber damit gibt sich der Film nicht ab). Weiter rechnet Morán, wie lange er für dem Tresorraub im Gefängnis verbringen muss, die vorzeitige Bewährung bei gutem Verhalten kalkuliert er mit ein.
Der Diebstahl gelingt erstaunlich glatt. Weil sein Kollege Román (Esteban Bigliardi) sich von der Bank entfernt, um eine Halskrause loszuwerden, muss sein Tresorbegleiter an die Kasse und er kann sich das Geld auf die Seite schaffen. Später trifft er Román. Für den hat er denselben Betrag entnommen, wie für sich, weiht ihn ungewollt in sein Geheimnis ein und vertraut ihm die Beute zum Verstecken an.
Román hat keine Wahl, er ist schon mitgegangen und also mitgehangen damit. Er wiederum ist verheiratet und hat zwei entzückende Kinder. Da kommt viel Heimlichtuerei auf ihn zu.
Rodrigo Moreno erzählt seine Geschichte wunderschön gradlinig, einen Schritt nach dem nächsten. So entsteht schon mal die Grundspannung, wer wohl den ersten Fehler macht. Aber auch die weiteren Schritte verlaufen planmäßig. Morán sitzt im Knast. Román muss die Befragungen durch die Wirstschaftsprüferin der Versicherung überstehen. Auch das gelingt erstaunlich gut.
In der gemächlichen Art der lateinamerikanische Telenovelas schildert der Film die Umgebungsarbeiten des Diebes und dessen unfreiwilligen Komplizen, schildert Dinge, mit denen der Täter nicht gerechnet hat, die eventuell absehbar gewesen wären, aber auch solche, die weniger absehbar waren.
Denn es muss ja auch das Feld für die Zukunft nach dem Knast, der kaum mehr als drei Jahre dauern dürfte, abgesteckt sein. Das führt in eine wunderschöne hügelige Naturlandschaft, das bringt einen Naturfilmer ins Spiel und zwei entzückende Schwestern Norma (Margarita Molfino) und Morna (Cecilia Rainero).
So ist auch das Kino eingeführt und das Mann-Frau-Thema dazu. In einem Kino gibt es einen Ausschnitt aus „L‘ Argent“ von Robert Bresson zu sehen. Der Filmemacher Rodrigo Moreno gibt damit Niveau vor und macht klar, dass er nicht irgend eine Story erzählen will; sondern dass ihn der Umgang des Menschen mit dem Geld und dem Glück und überhaupt mit dem Leben interessiert; das was der Mensch für planbar hält und das, was er nicht planen kann. Auch wenn hier nicht unbedingt die Tolstoische Abgründigkeit beabsichtigt ist, wie sie der Vorlage von Bresson eignet.
Näher liegt dem Filmemacher vielleicht der Musiker Pappo, dessen Schallplatte Pappo’s Blues als Requisit mitspielt; aber auch höfische Musik von Johann Sebastian Bach findet sich auf der Tonspur.