Schleimkeim – Ötze und die DDR von unten

Ötze,

Dieter Ehrlich, ist die zentrale Figur – irgendwie der nicht ganz so weiße Elefant im Raum, von dem jeder spricht – in dieser Doku von Jan Heck über die DDR-Punkband Schleimkeim.

Ein fetziger Mix aus DDR-Wohlfühl-Konsumwerbung zu Beginn macht die Notwendigkeit von Punk in dem sozialistischen Land nachvollziehbar. Zu niedlich und sauber ist die dargestellte sozialistische Idealwelt.

Aber der Zugang zu Punk aus dem Westen ist schwierig; Platten ins Land einzuführen nahezu unmöglich. So müssen denn wenige Impulse ausreichen für Ötze, Dietrich Ehrlich, einen Bauernsohn aus der Nähe von Erfurt, in einem ehemaligen Stall aus gebrauchten Geräten Musikinstrumente und Verstärker zu basteln.

Diese und andere verrückte Geschichten zur Entstehung der in den frühen 80ern erstmals aufgetretenen Punkband Schleimkeim erzählen Figuren, die damals dabei gewesen sind und die heute noch mit wilden Frisuren auffallen in malerisch-anarchistischen Settings und mit Namen wie Spinne, Geralf, Pankow, Basti, Lippe und Speiche.

Es war die Kirche, die dieser Jugend den nötigen Schutzraum bot. Ötze selber scheint eine Weile von der Stasi geführt worden zu sein. Für teils erfundene Informationen. Vor allem für Geld, was die Band dringend brauchte. Dass er damit Menschen geschadet hätte, sei nicht bekannt.

Der Film besticht durch die von den Protagonisten lebendig und heute noch begeistert geschilderte Atmosphäre jener Punkzeit. Verblüffend, auch für sie, ist, dass selbst Teens von heute dank Youtube Fans sind und die Texte wortwörtlich wiedergeben können, auch wenn der Spiritus Rector der Band, Ötze, längst gestorben ist.

Es spricht aus ihnen ein Widerstandsgeist, der für jedes Herrschaftssystem nervig sein muss und auf den die Jugend wohl immer wieder anspricht. Ein kreativer Widerstandsgeist, der sich notfalls mit Improvisieren zu helfen weiß und gegen welchen die DDR in ihrer Hilflosigkeit dem Phänomen gegenüber einen Paragraphen gegen unsozialistisches Äußeres erfinden musste.

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