Die Schöne, der Zombie und der Preis für die Menschwerdung
Dieser Preis ist hoch und das dreht sich einem nach dem Kinobesuch im Kopf und im Gemüt rum; der Preis ist Tod und Verstümmelung.
Die Schöne, das ist Lisa Frankenstein (Kathryn Newton). Sie spürt mehr als das Brookview-College und die Schlafstadt, in der sie lebt, ihr bieten kann. Das interpretieren die Mitmenschen als Verrücktheit; aber sie macht sich klar, dass sie nicht verrückt ist – bei all ihren bunten, extrovertierten, schillernden, narrisch funny Kleidern und Makeups.
Lisa zieht es auf den Friedhof. Vielleicht weil dieser Ewigkeit und Ruhe atmet oder weil sie hier mit ihrer Isolation allein ist. Besonders angetan hat es ihr das Grabmal eines jungen, bildhüschen Mannes.
Nach einer Party, bei der Lisa das Halluzinieren anfängt – sie kleidet sich gerne in Gothic – landet sie erst auf dem Friedhof, dann im Haus ihrer Freundin und Stiefschwester Taffy (Liz Soberano). Hier herrscht die spießigste Niedlichkeit und den Badezimmerspiegel, den sie zertrümmert, soll sie bezahlen und das Bad wieder reinigen.
Lisas Friedhofbesuch hat Geister geweckt. Die Leiche aus dem Grab des jungen Mannes (Cole Sprouse) verfolgt sie als Zombie bis nach Hause. Ein richtiger Filmzombie, scheußlich anzuschauen, Kreatur genannt im Rollenverzeichnis, hacklige Bewegungen, unkontrolliert; es fehlt ihm ein Ohr, eine Hand und anderes.
Der Schönen macht ein Mitschüler Avancen (Henry Eikenberry). Aber der Zombie fasziniert sie mehr. Das ist eine rätselhafte, tiefkulturelle Beziehung wie bei der Schönen und dem Biest.
Wie der Film von Zelda Williams nach dem Drehbuch von Diablo Cody sowieso nichts neu erfindet, aber aus dem Bekannten geschickt und verdichtet zusammenspickt. Der prima Cast unter der Regie von Zelda Williams nach dem Drehbuch von Diablo Cody lässt nichts zu wünschen übrig.
Offene Wünsche hat nur die Lisa, sie will dem Zombie zur Menschlichkeit zurückverhelfen. Das scheint prinzipiell möglich, wenn die entsprechenden Körpterteile von anderen Menschen zu beschaffen sind. Ohr, Hand können in diesem Fall wieder angenäht werden. Eine Session unter der Höhensonne – das ist wirklich schräg – bringt die Teile wieder in organischen Zusammenhang; verschweißt gewissermaßen die Nähte.
Aber Körperteile wollen erst mal beschafft werden und da ist der Film, der sich dem schauderlichen Gruselspektakel nicht entziehen will, nicht zimperlich. Derweil muss Lisa versuchen, ihren Zombie vorm Rest der Familie und vor ihren Mitschülern zu verstecken, was zu bewährten Boulevard-Theater-Situationen führt, mit dem Rücken zur Schranktür.
Man kann dem Film wohl nicht einen gewissen schelmischen Blick absprechen auf die Bemühungen der Menschen um Schönheit, Liebe und Menschsein und was alles zu opfern sie dafür bereit sind. Da entsteht plötzlich eine leichte Nähe zum Märchen vom Aschenputtel, zu den zwei Schwestern, die ohne zu zögern eine Zehe opfern, um in einen gewissen Schuh zu passen. Aber das ist ansonsten wirklich eine andere Stelle auf dem Bauplatz des Humanismus. Schnittmengen ergeben sich auch zu Poor Things.