Seltenes Talent
Da hätte man vielleicht richtig spannende und aufregende Lebenslinien machen können, wenn das ganz besondere Talent von Wolfgang Krebs, das der Imitation bayerischer Ministerpräsidenten, in den Fokus des rechereleitenden Interesses gestellt hätte.
Aber Petra Wiegers hat sich für den Mittelweg, der in der Kunst den sicheren Tod bedeutet, entschieden, für eine verehrende Hommage im Windschatten des berühmten bayerischen Parodisten, genau das richtige wohl für das Ü-60-Krebs-Publikum, das sich mit dem des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes zum großen Teil überlappen dürfte. Insofern eine der schwächeren Lebenslinien, die lediglich der PR des Senders und der Fortschreibung des Status Quo im abgestandenen Fahrwasser seiner Erstarrung dienen.
Ein breiteres Publikum, außer diesem Stammpublikum der Sendung, dürfte damit kaum zu gewinnen sein. Andererseits heißt es, die Öffentlich-Rechtlichen müssten jünger werden. Sie könnten es auch mit so einem Stoff. Aber er müsste eben spannend aufgedröselt werden. Wie konnte sich das seltene Talent von Wolfgang Krebs seinen Weg bahnen, als dezidiert interessenleitende Frage. Aber nein, lieber köchlen im abgestandenen Sud eines bewährten Sendeformats.
Klar, es werden Stationen auf diesem Weg nacherzählt, aber eben nicht so, dass es spannend wäre auch für Leute, die keinen Bezug zum Parodisten haben. Was nicht bedeutet, dass er selbst unsympathisch rüberkommt. Er ist dankbar für das, was er erreicht hat und nah am Wasser gebaut, wenn es um die Rührung über das Erreichte, die Familie, den Hund, den Erfolg, geht.
Und wenn der Imitator schon vom richtigen Ministerpräsidenten in die Zirbelstube in der Staatskanzlei in München zum Frühstück eingeladen wird, so würde einen schon interessieren, was die beiden da besprechen; oder ob das bloß ein Gag für die Lebenslinien als PR für den Ministerpräsidenten gedacht war und er sich, kaum ist die Kamera aus, gleich wieder verabschiedet und sich das Lebenslinienteam am Aufgetischten gütlich tun kann, was dann wegen der Staatsnähe wiederum problematisch wäre.
Brav wie ein Schulaufsatz. So entwickeln sich die Öffentlich-Rechtlichen nicht weiter, gewinnen keine gesellschaftliche Relevanz zurück. Für das dahindämmernde Stammpublikum mag das genügen. Dabei wäre gerade dieses Lebenslinien-Format, eines, in dem das eventuell möglich wäre; Menschen interessieren sich immer dafür, wie andere Menschen leben und ihr Leben meistern. Aber das sind andere Probleme, als diejenigen eines Kabarettisten, der mit einer Spezialfähigkeit die Bühnen erobern will.
Vielleicht könnte sich die Redaktion wachere Fragestellungen an die Protagonisten einfallen lassen, die auf gesellschaftliche Relevanz zielen. Das Leben ist heute ja nicht einfacher zu meistern als ehedem. Und Besuche in früheren Schulen sind nun so ziemlich das langweiligste, was man am Fernsehen verbreiten kann. Das bringt grad gar keine Verbindlichkeit. Und lockt nicht einen neuen Zuseher aus dem Modern-Media-Dschungel hervor.