Wenn aus Farsi fahrig wird
Maryam Keshavarz stellt sich in den Mittelpunkt dieses Filmes, in dem sie wie auf einem Vulkan auf dem kulturellen Bruch zwischen Persien und USA tanzt und jeden Boden unter den Füßen verloren zu haben scheint.
Sie, das ist die Ich-Erzählerin Leila (Layla Mohammadi), die wie wild, fragmentarisch und durcheinander von ihrer Familie, deren Herkunft aus dem Iran und ihrem eigenen Leben in New York atemlos erzählt. Sie hat kein Problem, eine Lesbe zu sein; trotzdem hängt ihr ein Transmann ein Kind an und von ihrer Ex Elena (Mia Foo) will sie sich trennen.
Leilas Vater war Arzt schon im Iran. Sie sind keine politischen Flüchtlinge; es ist eine Familienangelegenheit aus dem tiefsten Iran, was die Familie noch zu Schah-Zeiten hat auswandern lassen, mit ihren acht Söhnen und der einen Tochter, die zur Mutter ein gestörtes Verhältnis hat, aber zur Oma, die liebevoll Mamanjoon (Bella Warda) genannt wird, ein sehr vertrautes. Die schimpft sie nach Bekanntwerden der Schwangerschaft, sie hätte ihr doch gesagt, vor der Hochzeit solle man die Hintertür nehmen.
Die Erzählung hupft sprunghaft hin und her zwischen den Generationen und den Zeiten, was nicht unbedingt zur Klarheit beiträgt. Die Regisseurin und Drehbuchautorin liebt knallige, gelbe Text mitten auf dem Bild, die Zeitangaben machen oder auch mal Textnachrichten verdeutlichen. Warum das der Eröffnungsfilm des Münchner Filmfestes war, erschließt sich allerdings nicht.
Die Art, wie Maryam Kshavarz über ihre kulturelle Zerrissenheit zwischen persischer Herkunft und dem Leben in Amerika erzählt, wirkt so, als wolle sie ständig sich genau damit wichtig machen, einen Fuß hier, einen Fuß da, „eine wahre Geschichte“ – mit dem Zusatz „so in etwa“.
Ein zentrales Problem von Leila, einer Filmemacherin in New York, ist ihr Lesbiertum. Aber gerade das ist eine Eigenschaft, die sich in beiden Kulturen noch schwer tut, davon zeugen genügend Filme; der einzige Unterschied dürfte der sein, dass bei uns sehr offen über die Thematik gesprochen werden darf. Aber ein Coming-Out führt auch bei uns noch oft zu Familienzerwürfnissen.
Mit der extrem fahrig-fragmentarisch-kurzatmigen Erzählweise mit anstrengend zu schauender Wackelkamera und mehr Verschnitt als Schnitt will die Regisseurin den kulturellen Zwiespalt deutlich machen.
Es ist wie der Blick in ein bunt zusammencollagiertes Tagebuch der Autorin, beginnend als Mädchen, als einziges Mädchen in einer persischen Arztfamilie mit 8 Brüdern. Es gibt eine originelle Szene beim Zoll, wie die Familie nach der Auswanderung wieder nach Persien reist und die kleine Leila zum Schmuggeln westlicher Konsumartikel benutzt.
Ein anderer Erzählstrang ist der Vater Ali Reua (Bijan Daneshmand), der ein neues Herz braucht.
Der Film wirft auch einen Blick, Rückblick, auf das Leben der Mutter Shireen (Niousha Noor), die noch im entlegensten Persien zur Welt gekommen ist und eine ganz eigenständig handelnde Frau war und ist. Ihr Karriereweg zur erfolgreichen Immobilienmaklerin ist ein weiterer Fragmentstrang und spät im Film wird das Geheimnis um den oft angedeuteten Skandal mit der Oma gelüftet.
Gegen Ende hin zerfaselt sich der Film in Beliebigkeit aus Hochzeit, Tanz und Niederkunft. Es wirkt so, als ob alle happy seien, dass der Dreh zu Ende gegangen ist. Hin und wieder soll der magische Imam Zaman für Wunder in der Familie sorgen, hin und wieder tut er es, hin und wieder nicht.