Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt

„Ich koch mir jetzt ein paar Nudeln und lass dir welche für später übrig“,

„oh Gott, das ist ja furchtbar“, „so was in der Familie zu haben und es nicht zu wissen“ – „ich hol was zu trinken“ … nun, das sind Sätze, die üblicherweise in redaktionsbevormundeten deutschen Fernsehfilmen vorkommen, eher unwahrscheinlich, dass sie sich in einen professionellen Horrorfilm verirren – oder eben nur in Deutschland wie hier in den Film von Thomas Sieben.

Das Thema wäre ja super und neckisch, den deutschen Kolonialismus und den Völkermord an den Hereros in die deutsche Gegenwart hineinspuken zu lassen, Geister, die einen nicht loslassen. Das wäre vielleicht sogar passabel, wenn das Storytelling dies als Voraussetzung des Gespensterhauses erst für den Zuschauer etablieren würde; umso mehr, als es im Zusatz zum Filmtitel sowieso schon gespoilert wird.

Wenn der Zuschauer mehr wüsste, als die Protagonistin Nilam Farooq als hochschwangere Maria, die in ständigem Skype-Kontakt mit ihrem Mann Viktor (David Kross) steht, der noch in Geschäften unterwegs ist, während sie schon mal im neu zu beziehenden Haus sich umsieht.

Das mit der Schwangerschaft ist mal wieder so übertrieben, sie ist so hochschwanger, dass sie bei all dem Horror, dem sie teils naiv hinterherläuft, mindestens ein Dutzend Fehlgeburten erleiden müsste. Aber sie bleibt hochschwanger, wird von ihrem Schwiegervater Wilhelm (Justus von Dohnányi) so unkundig untersucht, dass berechtigte Zweifel an dessen ärztlicher Kunst aufkommen. Er steht aber, das wird sich zeigen, auch halbwegs auf der Spukseite, die der Zuschauer so schwammig mitgeteilt bekommt, wie die Protagonistin selbst.

Andererseits verwundert es, wie zielstrebig sie sich nach einem Stromausfall in den Keller begibt zum Sicherungskasten und dann anfängt die enormen Räumlichkeiten zu erkunden, obwohl sie schon Geistererscheinungen gesehen hat und wie sie dann die Hinweise auf die deutsche Kolonialgeschichte findet, die mit der Familie ihres Mannes verbunden ist.

Es sind diese deutschen TV-Realismus-Sätze, die Glaubwürdigkeit erzeugen wollen, die dem Horror den Zahn ziehen, so sehr Nilam Farooq sich in die Rolle hineinsteigert bis zum Mimen von falschen Wehen.

Wie ein Horrorfilm funktionieren kann, wäre bestens zu studieren bei Filmen wie Saw X, so furchtbar der Film auch sein mag, aber er ist konsequent nach dem Aspekt des Horrors gebürstet und schlingert nicht rum zwischen deutsch-erzieherischem TV-Movie und einer angedeuteten Horror-Attitüde, vor allem auf der Tonspur und ab und an mit einer Geistererscheinung, die aber bei der gemütlichen Herero-Hütten-Szene, wieder wie in Plattitüde abstürzt. „Oh Gott, das ist ja fruchtbar“, damit meint der Film übrigens nicht die heutigen Misshandlungen des Kinos durch die Deutschen, sondern die Verbrechen der Deutschen an den Herero. Darauf wären wir so schnell nicht gekommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert