The Palace

Seit 1912 stehen geblieben,

an derselben Stelle sei das Grand Bellevue Hotel, das Konkurrenzhotel vom Palace Hotel, erhält ein verirrter Gastaad-Gast als Auskunft. Damit indiziert Roman Polanski, der mit Ewa Piaskowska und Jerzy Skolimowski auch das Drehbuch geschrieben hat, den Point of View auf seine wohl als Satire intendierte Betrachtung der Jet-Set-Population eines solchen Schweizer Grand Hotels. Nichts hat sich verändert. Es ist alles, wie es war.

Der Mief von 100 Jahren Jet-Set, Polansik beobachtet ihn so gut und bringt ihn so lebendig und abgefahren rüber – oft am Rande der Klamotte oder des Bauerntheaters, aber eben so auch nicht – dass der Film selber diesen Mief ausstrahlt; auf jeden Fall dürfte er im modernen Filmfestival-Zirkus wie eine deplazierte Nummer wirken, wie aus einer anderen Welt.

Es ist eine Welt der Mondänen, der Superreichen und von Russen, die die Jahrtausendwende, – schön klassisch nach dem Motto von Einheit von Ort und Handlung – im Palace-Hotel feiern wollen.

Die Weltpolitik spielt am Rande mit, eine schwerzüngige Abdankungsrede von Jelzin und die Versicherung der Stabilität durch den vorübergehenden Staatschef Putin.

Moderator des Filmes ist Oliver Masucci als gestresster Hotelmanager Hansueli Kopf, der immer die richtige Lösung parat haben muss und mit diskretem Griff den Flachmann hervorzaubert.

Polanski hat eine großartige Auswahl von Schauspielern zu Verfügung, die alle, wenn man so will, Schnurren aus ihrem Leben erzählen in Form von wunderbaren, teils überdrehten Chargen als bestechenden Miniaturen.

Fanny Ardant als eine Marquise mit einem vom Wurm befallenen Hündchen, das nur auf Gras sein Geschäft erledigen kann; das kann zum Problem werden mitten im Winter in einem tiefverschneiten Gstaad. Aber vielleicht fällt ja dem Schönheitschirurgen Dr. Lima (Joaquim de Almeida) was ein; während seine Gattin (Luisiana Kornuta Steffen) kaum weiß, wie blasiert sie sich aufführen soll.

Ob John Cleese als Multimilliardär Arthur William Dalls III, der seiner gut gerundeten, viel jüngeren Frau Magnolia (Bronwyn James) zum Jahrestag ihrer Hochzeit ihren Lieblingspinguin nach Gstaad verfrachten lässt, den Jahreswechsel überlebt, steht noch in den Sternen und passt gut zum allseits befürchteten Millenium Bug, wobei sie erst erben kann, wenn sie das erste Jahr Ehe hinter sich gebracht hat. Hier geht es um Stunden und Minuten.

Dann ist da Mickey Rourke als Bill Crush, äußerst dubios in Gelddingen; der will den seiner Lebtag lang soliden Schweizer Banker Caspar Tell (Milan Peschel) zu unseriösen Geschäften überreden und füllt ihn bei der Sylvesterparty ordentlich ab, dass der nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht; außerdem taucht plötzlich Sohn Vaclav (Danny Exnar) samt Familie im Grand Hotel auf.

Wie es um die Russen steht, beziehungsweise wackelt, darauf legt Polanski sein besonderes Augenmerk, nicht nur, dass sie einen extrem geräumigen Tresor für ihre Geldkoffer brauchen, auch dass schon mit der Abdankung der alten Herrschaft die Kuchenverteilung unter der nachrückenden Generation knallhart beginnt. Symbol dafür ist die Standarte an der Limousine des russischen Botschafters (Ilia Volok), wie die grade noch steht, aber auch irritiert schwankt. Das ist nicht das einzig liebenswürdige Detail in dieser Welt der Exzentriker, was von der Hingabe Polanskis an sein Biotop spricht, beinah möchte man es skurril nennen, ein kaleidoskopartiges Sittengemälde einer abgehobenen Gesellschaftsschicht, haarscharf an der Grenze zur Typenkomödie.

Dass Polansiki andererseits nicht an Story-Subtilität interessiert ist, beweist die Uraltgeschichte mit dem Klempner (Felix Mayr). Da dürften mindestens Polanski, Fanny Ardent und die Crew ihren Spaß dran gehabt haben oder der nicht tot zu kriegende Drehtürgag.

Ein Lieberhaberfilm der im Wettbewerb eines Festivals wie Venedig deplaziert wirken muss und somit bei der Festival-Kritik schlechter wegkommt als er verdient.

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