Olfas Töchter

Vom Wolf geholt worden

seien die beiden Töchter Rahma und Ghofrane von Olfa Hamrouni. Sie sind von einem Tag auf den anderen verschwunden.

Mehr erfährt der Zuschauer anfangs dieses sehr beredten Filmes der Tunesierin Kaouther Ben Hania nicht. Er gerät mitten hinein in ein Filmset, kammerspielhaft, in dem zwei junge Frauen (Nour Karoui und Ichrank Matar) die beiden verschwundenen Schwestern spielen sollen. Es wird disktuitert über Frisur, Aussehen, Physiognomie, Charakter.

Die beiden Darstellerinnen werden den echten Schwestern Eya und Tayssir Chikhaoui vorgestellt, auch die echte Mutter Olfa gesellt sich dazu. Aber auch sie bekommt ein Double (Hind Sabri), für Momente, in denen es für Olfa zu schwierig, zu emotional werden könnten.

Mit diesem raffinierten Konstrukt aus Fake, Reenactment, Doublage, Rollenspiel und fast pausenlosen Dialogen bei wenig Handlung (was gepaart mit englischen Untertiteln die Rezeption des Filmes nicht unbedingt erleichtert) folgt der Film der Recherche nach dem Verschwinden der beiden älteren Töchter, die zur Zeit der tunesischen Revolution bereits herangewachsen sind.

Der Film spielt vor dem Hintergrund der verwirrenden politischen Entwicklungen im arabischen Raum, die mit der Revolution in Tunesien ihren Anfang gemacht haben, mit dem arabischen Frühling.

Immer diskutiert wird die Stellung der Frau, ihre Rebellion, ihre Anpassung; aber auch ihre Ängste und ihre Emanzipation, ihr Coming-of-Age genau so wie Übergriffigkeiten von Männern, ja von Vätern.

Ständig wird über Szenen und Themen diskutiert, dann werden wieder welche gespielt. Kaouther, die Regisseurin wird oft angesprochen. Es werden Schauspielerinnen-Übungen gemacht, es wird viel gelacht, aber auch andere Emotionen kommen zum Zug und grundlegende feministische Positionen werden ventiliert.

Man könnte den Film Feminism WTV zitieren, man könnte auf den in den Kinostartlöchern stehenden „Sultanas Traum“ verweisen. Die Urprobleme der Frauen ändern sich nicht, ob Hijab oder nicht, ob sie sich korrekt verhält oder nicht, ob sie sich Lust gönnt oder nicht.

Es ist ein pausenloses Austarieren dessen, was die Frau ausmacht, ihre Individualität und wiederum ihre Gleichheit mit anderen Frauen oder anhand eines Spieles um den Tod wird gewitzelt über die Löcher, die bei einer Leiche mit Watte gestopft werden.

Und nach und nach wird die Story über das Verschwinden der beiden älteren Töchter gelüftet.

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