Kinovariationen zum Thema Liebe,
so der Eindruck der ersten Szenen in diesem Film von Fabian Stumm der auch die Protagonistenrolle des Schauspielers Borris übernommen hat. Schon bei ihm doppelt und verdreifacht sich das Thema. Seit 8 Jahren lebt er mit Jonathan (Knut Berger) zusammen. Der ist ein erfolgreicher Autor, sinniert und recherchiert über das Thema Tod, ja in seinem aktuellen Manuskript lässt er den Freund sogar sterben; was Boris als persönlichen Angriff empfindet.
Boris steckt gerade in Proben zu einem Film, einer französisch-deutschen Koproduktion, in der es just um einen Mann geht, der zwischen einem Mann und einer Frau steht. Das ist Boris zwischen Stella (Anne Haug) und Tim (Magnus Mariuson). Mit Stella ist er langjährig liiert, Tim ist neu und aufregend für ihn.
Marie-Lou Sellem führt als verkopfte Regisseurin eine strenge Regie im Film im Film, die den Gefühlen der Darsteller auf den Grund gehen will. Das wiederum dürfte die Art Schauspielens sein, die Fabian Stumm selbst als Schauspieler am Lee Strasberg Institut in New York kennengelernt hat und welche er gleichzeitig als Regisseur anwendet; das führt zu hoher Verbindlichkeit der Darstellung, dazu, von einem exzellenten Cast zu sprechen, von wunderbaren Schauspielern, die einen Spiegel zumindest einer deutschen Gesellschaftsschicht abgeben: jener der intellektuell-künstlerischen Elite der Bundesrepublik; diese eigene Schichte beobachtet Stumm genau und setzt sie hevorragend in Szene.
Fabian Stumm schafft es, seine Darsteller als verbindliche Vertreter ihrer Generation erscheinen zu lassen; was beispielsweise in 791 KM überhaupt nicht der Fall ist. Fokussiert auf die Urkonflikte, die sich in einer Gesellschaft ergeben, die das Paarwesen als konstitutionell ansieht und mit bekannten literar- und filmhistorischen Leitplanken versehen, die Anspruch beweisen, wie Ulrich Schamonis Es über Amarcord, Lubitsch, Heinrich Böll „Das Brot der frühen Jahre“, Joan Didion, „Les choses de la vie“ von Sautet bis „Die letzte Brücke“ von Helmut Käutner, die sich schon mit hoher Gültigkeit und Verbindlichkeit an dem Thema abgearbeitet haben.
Mit der überwiegend klassischen Musikauswahl unterstreicht Fabian Stumm, dass er seine Themen klassisch meint; was sie ja auch sind. „Am Ende sind wir alle doch nur Knochen und Namen“. (Bestatter)
Allmählich rundet sich auch das Familienbild; die German Intellectuals und Künstler treffen sich zu einem Essen bei der alten Generation, bei Heidi und Michael (Ruth Reinecke und Ernst Stötzner), einer des schwulen Paares ist der Sohn, seine Schwester ist arbeitslose Opernsängerin, die die aufrührige Göre Josy (Alma Meyer) im Zaum halten muss.
Ein kleines Problem bei solchen Panopotikumsfilmen ist die, who is who, sich zu merken, welche Figur nun genau wie heißt und in welchem Verhältnis sie zu den anderen Figuren steht.
Ein schönes Muster unabhängigen deutschen Filmschaffens. Das gibt es!