An die Nieren
Sind die Untaten des islamischen Staates schon brutal genug, schlägt es dem Fass vollends den Boden aus, wenn dieser Kinder anwirbt, ins Kriegshandwerk einführt und diese im Krieg einsetzt. So ein Leben ist vermutlich für immer geschändet; das brachte schon der Dokumentarfilm aus Afrika Wrong Elements zur Geltung.
Hier im Film von Adil el Arbi und Bilall Fallah, die mit Kevin Meul auch das Drehbuch geschrieben hat, ist die Geschichte zwar fiktional, aber vor dem realen Hintergrund des syrischen Bürgerkrieges, des IS-Staates und auch der Terroranschläge in Belgien.
Ein Film also mit hartem Realitätsinput, weshalb er auch an die Grenze der Verdaulichkeit stößt; wenn nicht die Filmemacher immer wieder die Handlung in die wunderschön melancholischen Lieder einer Frauenstimme oder in Rapsongs auflösen würden.
Es ist die Geschichte des syrischen Rapsängers Kamal (Aboubakr Bensaihi), der bei der Bombardierung Aleppos mit seiner Mutter und den kleineren Geschwistern nach Belgien fliehen kann und dort Musik macht. Wie Assads Brutalitäten kein Ende nehmen wollen, geht Kamal zurück nach Syrien, will sich dem Widerstand gegen Assad anschließen und gerät in die Fänge des IS. Hier kann er sich als Kamermann nützlich machen. Er ist sozusagen ein guter Kämpfer.
Auch die Frau, die der IS für Kamal kauft, lässt er in Ruhe; zofft sich aber mit seinen Vorgesetzten, wie sie diese ihm für eine Nacht für einen verwundeten Soldaten abkaufen. Er fällt in Ungnade, muss Verräter und Feinde erschießen, wird gefilmt dabei und in Belgien setzt es Hausdurchsuchungen bei seiner Mutter Leila (Lubna Azabal).
Derweil wird sein jüngerer Bruder Nassim (Amir el Arbi) von einem IS-Menschenfänger indoktriniert und für den Heiligen Krieg angeworben. Der vaterlose Bub, dem auch sein Vorbild größerer Bruder fehlt, fällt darauf rein und wird vom IS nach Syrien gebracht. Einfach nur schauderhaft, was die mit den Kindern anstellen.
Der Film wirkt wohl deshalb so brutal, weil den Kriegsbildern immer wieder das zivilisierte Belgien entgegengesetzt wird. Das übersteigt fast das Vorstellungsvermögen, wie ein Junge aus so einer Schule plötzlich in der gnadenlos kriegerischen Welt landet. Andererseits bildet so ein Film die krassen Gegensätze, die sich mitten in unserer heutigen Welt abspielen, ab; man sollte sich damit beschäftigen und sie nicht ausblenden.