Genf
gilt als die Stadt Calvins, der Prüdheit, des kapitalistischen Denkens. Kaum jemand würde mit dieser Stadt am Lac Leman Porno assoziieren. Und just von da kommt dieser Film von Patrick Muroni über das Frauen-Kollektiv Oil, teils scheinen sie auch in der ebenfalls französisch-schweizerischen Stadt Fribourg lokalisiert.
Junge Frauen um die 30, denen ein ethisch-dissidentes Pornokino vorschwebt. Das scheint kein Kino im industriellen Sinne zu sein, bei dem es darum geht, groß Geld zu verdienen. Es scheint ein queerlastiges Kino zu sein. Es scheint sich um ein Kino zu handeln, das zuerst den Beteiligten Lebenssinn geben soll, eine Antwort auf den eigenen Sexanspruch.
Filmtechnisch sind sie Laien; das suggeriert jedenfalls eine Diskussion innerhalb der Gruppe über einen Film, den sie nie fertiggestellt haben.
Die Gruppe veranstaltet auch eine Kunst-Life-Porno-Performance mit Zuschauern. Über die wirtschaftliche Seite ist zu hören, dass bei einem Dreh mit einem männlichen Pornodarsteller, dieser von anständiger Bezahlung spricht.
Die Doku besucht auch ein Mitglied von Oil an ihrem Arbeitsplatz in einem Käseladen; über ein anderes Mitglied ist zu erfahren, dass sie Anthropologin sei. Das geschieht bei einer Einladung in eine Talkshow – mitten in der Covid-Pandemie – zum Schweizer Fernsehen in Genf.
Die Gruppe sieht sich mit Auflösungserscheinungen konfrontiert; es sieht so aus, als würden sich einzelne Mitglieder in alle Welt verstreuen. Vorher gibt es noch eine Gruppenreise nach Italien mit wilden Guerilla-Porno-Drehs, wo sie aufpassen müssen, nicht überrascht zu werden.
Dass Porno aus der Schmuddelecke mehr in die Mitte der Gesellschaft rückt – und das mithilfe der Social Media, die bei Oil offenbar keine Rollen spielen – zeigen jüngere Filme wie Pornfluencer oder erst kürzlich Pornomelancolía.