Frauen intim
Das ist Kino. Das ist Intimität. Das ist Erotik – vielleicht für manche. Das ist für den Voyeur; – der per definitionem in jedem Kinogänger steckt.
Welcher Mann kann schon so nah, an in einer kleinen Holzhütte dicht gedrängten Frauen sein. Sie würden die Gespräche nie führen, wenn ein Mann anwesend wäre. Sie würden nie so und direkt über ihre Probleme als Frauen reden. Über Vergewaltigung und Schwangerschaftsabbrüche, über die „Krankheit“ Frau, über die Entdeckung der lesbischen Liebe, von der Frauwerdung bis zum Brustkrebs und zur Totgeburt und über das Leben nach dem Tod.
Regisseurin Anna Hints muss ein ganz besonderes Vertrauen zu ihren Protagonistinnen aufgebaut haben, dass sie so nah mit Kamera und Mikro bei den Saunagängen der „Schwestern“ wie sie sich nennen, dabei sein durfte, ihren Gesprächen lauschen, ihren Formen mit der Kamera folgen, auf Details der nackten Körper verweilen durfte.
Dadurch kommt aber auch ein großer Respekt zustande, nie werden die Figuren denunziert, nie entblößt; sie bewahren ihre Würde. Das ist eine große Kunst.
Es gibt auch die Ausflüge aus der Sauna, nackt ins Eisloch im zugefrorenen See, in den Schnee hinaus, in die Natur.
Der Film spielt zu verschiedenen Jahreszeiten. Er zeigt die Frauen auch beim Holzhacken für die estnische Trockensauna, die, wie im Abspann zu lesen ist, von der Unesco zum materiellen Weltkulturerbe zählt, er zeigt die Frauen bei Zubereiten von Fleisch für das Räuchern.
Die Kamera kann auch kunstvoll verweilen beim Rauch, den ein Aufguss entstehen lässt oder bei Stimmungen in der freien Natur wie dem Polarlicht oder Nebel über dem Wasser.
Die Sauna als ein geschützter Raum für die Frauen, wo sie nicht nur physisch nackt sind, sondern auch einen Seelenstrip vollziehen, wo sie alle gleich sind: Kreatur letztlich, die schmerzfähig als auch schmerzanfällig ist, die aber auch lustvoll zu einem Lied auf dem Bauch trommeln kann. Die Sauna als Ort der Reinigung von Körper und Seele, als Ort weiblicher Psychohygiene.