Tori & Lokita

Kein Mensch ist illegal,

ist so ein schöner Satz von Menschenrechtlern, der mit der bürokratischen Realität kollidiert.

Der Begriff der Sans-Papiers steht in frankophonen Ländern wie Frankreich und Belgien für Menschen ohne Papiere, also ohne Aufenthaltsrecht und ist dort ein Politikum. Dazu haben die belgischen Meisterregisseure Jean-Pierre und Luc Dardenne einen bewegenden, traurig-schönen Themenfilm gemacht, das Schicksal von zwei minderjährigen Sans-Papiers in den Mittelpunkt stellend.

Tori (Pablo Schils) und Lokita (Joely Mbundu), er etwa elf Jahre alt, sie einige Jahre älter, aber auch noch minderjährig, haben sich bei einer Schleuserfahrt über das Meer kennengelernt. Tori findet Anerkennung als verfolgter Flüchtling, da er plausibel darlegen kann, dass er ein Hexenkind sei.

Mit der Befragung von Lokita, die noch nicht so weit ist, fängt der Film an. Sie kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Geschichte nicht unbedingt stimmig ist. Denn sie erzählt, Tori sei ihr Bruder, den sie im Waisenhaus wiedergefunden habe. Da hier noch Fragen offen sind, bleibt ihr Status vorerst derjenige einer Illegalen. Das bedeutet, dass sie keinen seriösen Job als Pflegerin annehmen kann und auf diese Weise Geld verdienen, um die Schleuserschulden zu begleichen und Geld nach Hause zur Mutter zu schicken, damit die zurückgebliebenen Geschwister eine Ausbildung erhalten können. Stattdessen wird Lokita als minderjährige Drogenkurierin ausgebeutet mit garantiert keiner positiven Sozialprognose.

Der Film bezieht nun enorme Storytellingkraft aus der unverbrüchlichen Freundschaft der beiden ungleichen Protagonisten, die in den vorderen Räumen der Pizzeria als Karaoke-Sänger Erfolg haben und in den Hinterräumen als Drogenkuriere ihre Ware in Empfang nehmen und bezahlen.

In dem düsteren Milieu braucht es nicht viel, bis ein schnörkelloser Thriller sich entwickelt, der umso betörender wirkt, als die Gebrüder Dardenne zwei großartige Jugendliche für die beiden Hauptrollen gecastet haben und mit ihrer dokuhaften Handkamera nah an ihnen dran bleiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert