Britischer Spleen,
das ist als hohes Kompliment zu betrachten, es als Spleen zu bezeichnen, zum Thema Diebstahl bei Autoren einen akademisch-skurril konstruierten Film zu machen, hier stammt das Drehbuch von Alex MacKeith und die Regie führte Alice Troughton.
Es erfordert hohe Kunst, eine solche Diebstahlsgeschichte, dazu noch in klassischer Manier mit Prolog, 3 Kapiteln, einem Ende und einem Epilog, zu erfinden.
Eher ist nicht zu erwarten, dass es heißen könnten „nach einer wahren Geschichte“, obwohl, man kann nie wissen.
Dass Erfolgsschriftststeller ein luxuriöses Leben führen können, wundert nicht, ausladende Latifundien, herrschaftliches Wohnen. Allerdings überrascht J. M. Sinclair (Richard E. Grant) doch mit seiner überaus herrschaftlichen Wohnweise nicht nur mit Butler und diversem Servierpersonal, sondern auch noch mit einem kleinen Häuschen für den Hauslehrer des Sohnes Berti (Stephen McMillan) Liam Somers (Daryl McCormack – bestens in Erinnerung aus Meine Stunden mit Leo).
Liam hat selber Autorenambitionen und ist dabei, seinen Erstling fertig zu schreiben, „Tower 24“ soll das Werk heißen. Seine Literaturagentin hat ihm diesen Job verschafft, denn Bertie möchte in Oxford studieren und muss sich auf Kolloquien vorbereiten; Geld allein scheint in Oxford nicht zu reichen; gut so.
Grant bewohnt ein ausladendes Grundstück mit einem fantastisch oszillierenden Teich, könnte ein Monet-Seerosenteich sein; die melancholische, die Trauervariante, die britische Variante dazu. Anfangs sind die einzigen Lebewesen drin zwei gefrässige Biber. Eher unheimlich, wenig anheimelnd. Der See birgt tatsächlich mehr als nur das Erfolgsgeheimnis des Erfolgsautors.
Richard E. Grant spielt diesen kleinlich auf seinen Erfolg bedachten und sich enorm was auf seinen Erfolg einbildenden Starautor grandios unsympathisch, unnahbar genau so wie kleinkariert menschlich, der keinen anderen Autor neben sich dulden kann.
Doch davon wimmelt es augenblicks in der Villa. Nur seine Frau Hélène (Julie Delpy) ist Kunstkuratorin. Besonders stolz ist Sinclair auf den Satz, dass große Autoren stehlen würden und bildet sich Mords was darauf ein.
Liam wiederum ist kein ganz gewöhnlicher Nachhilfelehrer, der in das kleine Fachwerkhaus im Park einzieht; von seinem Arbeitsplatz aus kann er, Fenster zum Hofe sozusagen, gewollte oder ungewollte Einblick in das Familienleben der Sinclars ergattern. Ihm schreibt das Drehbuch einige Sonderbegabungen zu nebst einer Studienabschlussarbeit zum Werk Sinclairs, was dieser nicht wissen muss.
Liam kann mit einer Art fotografischen Gedächtnisses geniehaft sich Texte merken, besonders poetische von hoher literarischer Qualität – und der Darsteller Richard E. Grant ist noch dazu ein hervorragend gepflegter Sprecher dieser Texte mit so großer Selbstverständlichkeit wie mit Präzision und inhaltsvoll. Die genialische Eigenschaft verkörpert er als Typ glaubwürdig.
Julie Delpy als Herrin des Hauses repräsentiert das Kapital, das das Sagen hat. Und dieses wiederum ist angewiesen auf solche grandios prototypischen Diener und Butler wie Ellis (Crispin Letts).