Breaking Social

Können wir uns die Reichen leisten?

Stimmt der Satz, dass wir in Meritokratien leben, dass wer mehr leistet, auch am meisten verdient? Oder sind es nicht just diejenigen, die sich das größte Stück am Kuchen greifen, die den Wohlstand sogar zerstören? Oder gilt vielmehr der Satz, Survival of the Friendliest und nicht Survival of the Fittest, also pflanzen die sich besser fort, die fair sind, freundlich und die kuscheln und nicht die Ellenbögler?

Mit diesen und ähnlichen Fragen ausgerüstet reist der schwedische Dokumentarist Fredrik Gersten um die Welt, befragt Forscher, Journalisten, Aktivisten, gar einen Spezialisten für Strategische Kommunikation.

Dabei gibt es durchaus verschiedene Ansätze von Antworten. Aber der Tenor ist derjenige von den Reichen, die wohl noch am Totenbett sich ärgern darüber, dass sie nicht noch mehr Reichtum zusammengeschaufelt hätten. Gegen Begriffe wie Ausbeutung, Kleptokratie oder Korruption tauchen die Schlagwörter von Hoffnung, Gerechtigkeit, Würde auf.

Eine Forscherin erzählt, wie sie in Afghanistan das Funktionieren von Korruption förmlich studieren konnte und dass sie sich fragte, ob die Mechanismen überall dieselben seien. In England trifft der Filmemacher auf einen Hobbyfischer, der früher bei der berüchtigten Cambridge Analytica gearbeitet hat, den Job aber aus ethischen Gründen kündigte.

In den USA beschäftigt sich der Film mit Arbeitern von Amazon, die das Thema der Gründung einer Gewerkschaft diskutieren; während ihr Boss sich im Weltraum rumtreibt.

In Chile trifft der Film auf eine Aktivistin der verfassungsgebenden Versammlung Chiles nach den Protesten, die schon ausführlich von Patricio Guzmán beschrieben wurden in Mia Pais imaginario – Das Land meiner Träume. Das Experiment ist inzwischen auf demokratischem Wege per Volksabstimmung gescheitert.

In Malta begibt sich der Film auf die Spuren des Mordes an der Journalistin, die Kleptokratie-Pläne der Regierung aufgedeckt hat. Dieser Fall wurde auch schon in Hinter den Schlagzeilen über den SZ-Recherche-Journalismus behandelt.

Letztlich aber bleiben die Behauptungen gerne diffus, weil dieses Weltbürgertum, was sich überall Pässe besorgen kann und was seine Reichtümer hinter kompliziert verschachtelten, weit verstreuten Firmengeflechten versteckt, schwer zu fassen und damit sein politischer Einfluss schwer nachzuzeichnen ist (zum Beispiel die Panama-Papers der SZ haben viele Hintergründe der Geldigen und ihres Geldversteckens ans Tageslicht gebracht).

Zum Verhältnis Mensch, Gier, aber auch Scham gibt es anthropologische und historische Annäherungsversuche, die Sage vom Königs Midas oder die von der Hydra, aber auch die Eigenschaft der Menschen, erröten zu können, die im Tierreich sonst nur noch bei Papageien beobachtet worden sei.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert