Killers of the Flower Moon

Altersmeisterwerk
Weiße Gesellschaft – schauderlicher, moralischer Sumpf

Klar, es ist zutiefst moralisches Kino, so moralisch wie episch. Es geht um das gute Handeln des Menschen, das sich vom unguten Handeln abhebt. Es geht um brutalen Rassismus in den USA in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Es geht um Ausbeutung der Ureinwohner durch die Weißen. Es geht um Ölreichtum, um plötzlichen Reichtum und wie dieser die Menschen kaputt macht und wie dieser kaputte Menschen anzieht.

Es geht um die fast zärtliche Annäherung des Altmeisters des Kinos Martin Scorse an sein Lieblingsgenre des Killerfilmes. Hier rührt er nochmal mit großes industrieller Filmkelle spannendes Kino an, die die fast dreieinhalb Stunden im Fluge vorbeigehen lassen.

Wobei der Prozess, wie die Weißen die Indigenen ausradieren und deren Reichtum zu sich rüberziehen wollen, auch etwas Quälendes hat, das hat etwas von einem Vorgang, wie wenn jemand eine Zitrone bis zuletzt auspresst.

Dieses Leiden an der Sache wird kompensiert durch pures Kinoglück, was Scorsese dem Zuschauer bereitet mit Topleuten in allen Gewerken, mit einem Epilog, der ein Zückerchen der exklusiven Art als Liebeserklärung an die Medienkunst darstellt und mit einem Schlussbild mit einer Interpretation des Indigenen als Objekt der Kunst.

Das stärkste Pfund aber dürften die Schauspieler sein, allen voran Robert de Niro. Der hat sich als William Hale, unbescheiden auch als King, in Fairfax niedergelassen auf einem Stück Land, das kein Öl verspricht. Somit wird er von den den Ölsuchern in Ruhe gelassen.

In Fairfax sind die Indigenen die Besitzer ihres Landes geblieben und durch die Ölfunde zu Reichtum gekommen. Allein wie Scorsese diesen in Schwarz-Weiß schildert, würde er einen Kurzfilmoscar verdienen.

Der King ist ein ganz übler, skurpelloser weißer Typ und Drahtzieher im Hintergrund. Er kennt die Leute im Ort, er weiß, wer von den Osage wie reich, wer von den Frauen noch zu haben ist.

Der King will seinen Neffen Ernest Burkhart verheiraten, der von Leonardo DiCaprio grandios als ein Mann dargestellt wird, der etwas schwer von Begriff ist, der aber lesen kann, und der nicht zu leichten Entscheidungen zu bringen ist. Eine Heirat zum Geld verdienen.

Ernest wird bald der Chauffeur von Mollie (Lily Gladstone), einer der Reichen der Osage. Sie verlieben sich ineinander. Beste Voraussetzungen für das Kalkül des Kings, wenn die Frau weg ist, fällt das Erbe an einen der Seinen. So verwundert es nicht, dass ungewöhnlich viele von den Osage sterben, gerne eines unnatürlichen Todes.

Die Krimihandlung dieses Opus Magnum von Scorsese besteht darin, dass Mollie es schafft, sich in Washington beim Präsidenten Gehör zu verschaffen. Der schickt tatsächlich Ermittler, die der ungewöhnten Häufung von Todesfällen auf den Grund gehen sollen.

Auch wie Scorsese dieser Hauptstadtkriminaler darstellt, das geschieht unspektakulär und mit Würde und verzichtet auf jegliches billige Klischee von der Dummheit der Staatsgewalt. Die sind kleinere Charaktere, die ihren Job recht offen, direkt bieder, verrichten.

Es ist fantastisch, wie Scorsese die Maschinerie an so einem Filmset zusammenhält und irre einzusetzen weiß, dass am Schluss eine faszinierende Geschichte über die Leinwand flimmert, wie daraus eine Geschicht mit einem unwiderstehlichen Sog entsteht.

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