Flunkyball (ARD, Mittwoch, 20. September 2023, 20.15 Uhr)

Unendliche Einfalt des Kleinbürgertums

Die bürgerliche Familie X besteht aus dem Vater (Fabian Hinrichs), der Mutter (Silke Bodenbender), Tochter Milli (Clara Vogt) und Söhnchen Franz (Laurids Schürmann). Die Familie bewohnt ein stattliches Einfamilienhaus, scheint irgendwie intellektuell bürgerlich aber ohne genauere Berufshinweise zu sein.

Diese Familie betrachtet Alexander Adolph unter der redaktionellen Obhut von Claudia Simionescu in ihrem Verhalten dem Coming-of-Age ihres Sohnes Franz gegenüber.

Vater und Mutter sind schon ganz fickrig, weil Sohnemann als Einzelgänger gilt. Sie können es kaum erwarten, bis er eine Freundin nach Hause bringt. Stolz der Eltern, wenn der Sohn die Familie fortpflanzen kann. Endlich bringt Franz eine Frau nach Hause, spät nachts. Sie darf auch im Gästezimmer übernachten.

In ihrer Verklemmtheit, Borniertheit und in ihrer Enggeistigkeit sehen die Kleinbürger (die erinnern in diesem Verhalten an Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“) überhaupt nicht, dass Zoe (Lena Klenke) eine kaputte Frau ist, ein Schlampe, wie manche sagen würden.

Um die Drogensüchtige in Kontakt mit der Kleinbürgerfamilie zu bringen, hat der Autor und Regisseur viel Gehirnakrobatik getrieben – und auch um noch weitere soziale Themen in dem Film unterzubringen. Die Oma (Lisa Kreuzer) muss in den Spital und derjenige mit den wenigsten Ausreden muss sie besuchen und das ist Franz. Im Spital lernt er Zoe kennen, die sich gleich an das Kleinbürgersöhnchen hängt.

Um diesen Kontakt herzustellen, ist das etwas viel Storytellingaufwand, der nun grad gar nichts mit dem Thema des Kleinbürgertums zu tun hat; es gibt Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Kleinbürgertum und Faschismus herstellen. Vor diesem Hintergrund hätte es sich gelohnt, mehr Energie auf die Beobachtung dieses Zusammenhanges und also des Kleinbürgerhaushaltes, der im Zentrum steht, zu verwenden; dann würde nämlich der BR als ARD-Anstalt seinem Grundauftragselement des Lebendigerhaltens der Demokratie ganz raffiniert und geschickt, nämlich im Spielfilmformat, nachkommen.

So bewusst scheint das aber dem Filmemacher und der Redakteurin dann doch nicht zu sein; so dass sie dieses Thema wie beliebig neben andere Themen, der verbreiteten Drogensucht und der Versorgung alter Menschen im Krankenhaus stellen (Max Frisch hat in seinem abendfüllenden Theaterstück nicht noch weitere Themen reingewurstet).

Solche theamtische Unschärfe und Beliebigkeit wiederum kann dazu führen, dass das Interesse an einem Fernsehfilm, erst recht bei so herausgekehrter Musterschülerhaftigkeit, schnell nachlässt. So dass man sich berechtigt fragt, wozu das Ganze und muss ich dafür meine Zwangsgebühr abdrücken? Die Blindheit der Eltern, von Töchterchen und des Bübchens selbst, die hätte schon etwas genauer unter die Lupe genommen und diskutiert werden dürfen.

Die Info, die die Produzenten bei IMDb reingesetzt haben, ist hundslausig.

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