Der junge Mann und das Paddel
Das Paddel ist sicher etwas vom Kostbarsten auf dieser Coming-of-Age- oder Initiations-Reise von Lukas Borchers, die er selber dokumentiert. Denn was will ein Paddler ohne Paddel. Deshalb ist das unentbehrliche Teil auch ganz besonders raffiniert an seinem ausfaltbaren Boot befestigt und gesichert. Dies nur ein Detail.
Der Titel bestimmt die Richtung seiner Reise. Lukas aus Hannover möchte die Zwischenzeit zwischen Abitur und vor dem Studium für eine Reise nutzen, wie er sie wohl später im Leben nie wieder machen dürfte. Er will mit dem Kajak von Genf aus die Rhone runter und dann von der Rhone-Mündung aus der Mittelmeerküste entlang bis Gibraltar paddeln, obwohl er ein Paddel-Laie ist. Das Abenteuer ruft.
Lukas bereitet sich gründlich vor. Sein Boot mit allem Gepäck, darunter auch Elektronik von wegen Batterie und Kameras und Drohne, wiegt 80 Kilogramm. Er kann es bei Stauwehren auf Rädern über Land ziehen.
Es ist ein Film über das Kurshalten. Es ist aber auch ein Film gegen Sturheit und für Vernunft. Wenn sich ein Weg nicht als durchführbar oder zu anstrengend erweist, ist Lukas flexibel genug, umzudisponieren.
Es ist interessant zu beobachten, wie sich so ein Gesicht im Laufe einer mehrmonatigen Reise verändert, natürlich auch gegerbter durch Wind und Wetter, der Blick wacher, präsenter durch die Gefahren, die doch immer wieder auftauchen.
Schon zu Beginn bei Genf zeigt sich, dass nie alles planbar ist. Dort am Ufer, wo er sein Boot zusammenbaut, ist oberhalb ein Stauwehr und die lassen urplötzlich Wasser ab, so dass der Pegel steigt und droht, sein Gepäck fortzuschwemmen, noch bevor es verstaut ist.
Da Lukas pragmatisch im Einschätzen von Risiken und im Umplanen ist – so klar wie im Erzählen über seine Reise – nimmt diese unerwartete Wendungen, die ihn nicht unglücklicher und den Film nicht weniger spannend machen.
Was sicher zu kurz kommt in dieser Art Abenteuerreise, das sind Begegnungen mit Menschen, die Kommunikation; wobei es doch immer auch darum geht bei Selbstfindungs- oder Selbstbeweisreisen. Nervig wirkt ab und an die Adrenalin-Musik, die zu häufig auf die Tonspur aufgelegt wird; wäre überhaupt nicht nötig.