Passages

Unschärferelation von Beziehungen

Tomas (Franz Rogowski) ist Filmregisseur und seit Jahren mit Martin (Ben Wishaw), bildender Künstler, zusammen. Agathe (Adèle Exarchopoulos) arbeitet beim aktuellen Filmprojekt von Tomas mit. Sie schafft es, dass er auf sie scharf wird und mit ihr Sex hat. Er erzählt Martin davon und bringt so Risse ins Ehegefüge.

Martin öffnet sich in der Folge ebenfalls anderweitig, fängt ein Verhältnis mit dem Autor Amad (Erwan Kepoa Falé) an.

Das ist die Versuchsanordnung, die Ira Sachs, der mit Arlette Langmann und Mauricio Zacharias auch das Drehbuch geschrieben hat, auf der Leinwand ausbreitet. Als Versuchsanordnung. Nicht als Drama oder als Melodram oder als heiße Liebesgeschichte. Mehr theoretisch, beispielhaft. Ohne psychologisierende Vertiefung, ohne Blick in die Abgründe, wie ihn Claire Denis neulich in Mit Liebe und Entschlossenheit riskiert hat.

Der Film bleibt mehr eine theoretische Erörterung. Mitgehen mit den Gefühlen der einzelnen Figuren ist nicht gewollt. Tomas bleibt letztlich eine undurchdringliche Figur, der als Regisseur die Welt im Griff haben will mit detaillierten Anweisungen, wie beispielsweise ein Glas zu halten sei, oder was ein Akteur mit den Händen bei einem Gang die Treppe herunter machen, resp. nicht machen soll.

In den Beziehungen, da schleudert es diesen Mann, der fließend zwischen Französisch und Englisch und auch Deutsch wechselt, wie einen Spielball zwischen Agathe und Tomas hin und her. Er scheint ein armer Tropf zu sein; trotzdem stellt sich kein Mitleid mit ihm ein, keine besondere Empathie.

Da das Drehbuch die Konflikte nicht aufdröselt, sondern lediglich behauptet, wirken die Vorgänge oft erstaunlich oberflächlich; so wie wenn ein Beobachter erzählen würde „und dann hat er mit dieser Frau geschlafen und dann ist er wieder zu seinem Ehemann zurückgekehrt; der hat aber inzwischen einen anderen, deutlich attraktiveren Mann geschmeckt; derweil ist die Frau schwanger geworden und deren Eltern mischen sich in den Beziehungssalat ein“ usw. und so fort.

Die Frage ist, wollte ich das jetzt wirklich wissen, ob irgend ein Tomas und irgend eine Agathe miteinander zurechtkommen oder nicht und ob Agathe das Kind behält oder nicht. Der Eindruck wird noch verstärkt durch einen Cast, der nicht nach Chemie oder Seelenverwandtschaft ausgesucht scheint, sondern nach nicht auf Anhieb ersichtlichen Kriterien.

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