Die fantastischen Acht
Eigentlich heißt er nur Zukunftsrat, der gerne auch als die „Fantastischen Acht“ apostrophiert wird.
Es ist dies ein Gremium aus acht in der Medienlandschaft der Bundesrepublik hervorragend positionierten Persönlichkeiten. Es dürfte sich nicht um ein Ehrenamt handeln. Zumindest Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld werden vermutlich aus dem Topf des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes bestritten werden.
Die Aufgabe dieses neuen Gremiums ist nichts Geringeres, als Vorschläge zu entwickeln, wie das Elend des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes beendet werden kann; vor allem geht es darum, eine Lösung zu finden zwischen den widersprüchlichen Forderungen der Anstalten nach immer mehr Geld und der strikten Ablehnung einer Gebührenerhöhung durch die Ministerpräsidenten einiger Bundesländer. Es sind dabei besonders AfD-affine Länder.
Zur Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Dieser wurde nach dem zweiten Weltkrieg gegründet mit dem zentralen Ziel, die Demokratie zu stärken und künftig Entwicklungen wie die des Faschismus zu verhindern. Dass die AfD, die von Verfassungschützern beobachtet und teils als extremistische Partei eingestuft wird, aktuell so Furore macht, spricht nicht unbedingt dafür, dass dieser Rundfunk heute seiner ursprünglichen Aufgabe noch gerecht wird.
Finanzierung
Anfänglich wurde der ÖRR mittels einer geräteabhängigen Gebühr finanziert. Die Kontrolle übernahm die GEZ, die sich im Laufe der Jahre mit ihren unkonventionellen Hausbesuchen bei Teilen der Bevölkerung unbeliebt gemacht hat und in den Verruf des Inquisitorischen gekommen ist.
Mit dem aufkommenden Wirtschaftswunder und der wundersamen Vermehrung der Geräte wuchsen auch die Einnahmen beim ÖRR. Es zirkulieren Geschichten, was die sich damals wegen Kleinigkeiten an Flügen, Reisen genehmigt hätten.
Mit den steigenden Einnahmen wuchs auch der Rundfunk selber, verästelte sich wie ein Baum und wurde immer gieriger. Den immer fordernderen Rundfunk im Zaum zu halten, wäre genuine Aufgabe der Ministerpräsidenten gewesen. Die wollten es sich aber mit dem Medium nicht verscherzen.
Deshalb passierte das, was mit einem verwöhnten Kind passiert: die Politik gab immer nach, erfüllte die Wünsche und züchtete sich einen Quälgeist heran. Andererseits ist die Politik um die Gründung von Gremien und Organisationen nie verlegen, die ihr den Job abnehmen sollen. In diesem Falle gründete sie die KEF, die dem ausufernden Finanzbedarf der Sender Grenzen setzen sollte.
Aber auch das half nichts. Die Forderungen wurden immer höher, der Rundfunk ein immer komplexerer Moloch mit immer weiter anschwellendem Etat. Um dem ein Ende zu setzen, beauftragte die Politik vor etwa zehn Jahren Professor Paul Kirchhof, ein neues Finanazierungsmodell auszuarbeiten.
Der Rundfunkbeitrag
Der Herr Professor, der bereits mit seinem Vorschlag der Steuererklärung auf einem Bierdeckel seinen Ruf weg hatte, präsentierte als neue Wunderwaffe eine Art eierlegende Wollmilchsau, die einkommensunabhängige Haushaltsgebühr, den Rundfunkbeitrag. Egal, ob ein Haushalt ein Monatseinkommen von 500 Euro hat oder von zehn Millionen, ob es sich um einen Einzelhaushalt handelt, um eine Familie oder gar einen Clan, alle sollten sie denselben Betrag rausrücken; das enthob die GEZ, die sich jetzt bürgerfreundlich „Beitragsservice“ nennt, der Hausbesuche. Die Register der Einwohnermeldeämter geben genügend Info her.
Dieses Modell spülte vorerst zusätzlich Geld in die Kassen des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes, weil Schwarzsehen praktisch nicht mehr möglich war. Das konnte er allerdings auch gut gebrauchen, ächzte er doch inzwischen unter einer kaum zu stemmenden Last von Pensionsverpflichtungen.
Diese sind besonders in den Himmel geschossen mit dem Aufkommen der privaten Fernsehkonkurrenz. Als Begründung für den Wahnsinn musste herhalten, dass man die guten Leute halten möchte, das abgelutschte Argument, was Banker für ihre absurd hohen Boni benutzen.
Es war also abzusehen, dass das Modell von Professor Kirchhof sich bald schon totlaufen würde, da der Forderungen immer mehr wurden und die KEF ihre liebe Mühe hat, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einigermaßen zu zügeln.
Allerdings wird mit jeder Erhöhung des Haushaltbeitrages die Diskrepanz zwischen einkommensschwachen und einkommensstarken Haushalten eklatanter, die „Gebühr“ wird immer unfrairer und unsozialer einkommensschwachen Haushalten gegenüber.
Gerade in Bundesländern, wie zu lesen war, eben AfD-affine, in denen die durchschnittlichen Haushaltseinkommen deutlich geringer seien als in manch alten Bundesländern, kann die Politik ihren Bürgern gegenüber eine Erhöhung dieser Zwangsgebühr nicht mehr plausibel darstellen.
Mit anderen Worten: das Finanzierungsmodell à la Paul Kirchhof ist hinüber.
Zukunftsrat
Da die Ministerpräsidenten entweder keine Fantasie für eine Lösung haben oder sich gar nicht an das heiße Eisen trauen, soll jetzt eine illustre und bestimmt nicht billige Kommission, der Zukunftsrat, den Schaden ausbügeln.
Dieser Zukunftsrat ist beauftragt, bis Ende Jahr Vorschläge vorzulegen, die einerseits dem Rundfunk genüge tun, andererseits den Gebührenbetrag stabil halten. Eine Aufgabe, der mit Prokrustes‘ Methode nicht beizukommen sein dürfte.
Zu erwarten ist, dass dieser Zukunftsrat aus hochwohlmögenden Persönlichkeiten zu einem bereits breiten Feld an Vorschlägen, da was zu kürzen und dort, hier an der Kultur sparen, dort die Literatur abzumurksen, da was zusammenzulegen und dort was, weitere Vorschläge hinzufügt, ohne das Problem fudamental anzugehen, wie beispielsweise eine radikale Neuorganisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes unter Outsourcing der Pensionenlast in den Staatshaushalt, also praktisch Auflösung des alten Systems und Aufbau eines neuen, wozu das Abbruchgut verwendet werden dürfte.
Steuerfinanzierung
Zu überlegen wäre allerdings eine Idee, die zwar nicht neu ist, die aber noch nicht in einer öffentlichen Debatte ernsthaft erwogen wurde: Steuerfinanzierung.
Das wäre deutlich demokratischer als die Haushaltsgebühr, denn Steuerfinanzierung bedeutet, dass jeder nach seinen Kräften zur Finanzierung dieses so eminent wichtigen Gemeinschaftswerkes ÖRR beiträgt: der Reiche viel, der Arme nichts und die dazwischen entsprechend viel oder wenig.
Gegen diesen Vorschlag kommt immer wieder wie aus der Pistole geschossen das Argument, das würde zu viel Staatsnähe erzeugen. Ist nicht nachvollziehbar, geht ja bei der Kirche auch; der Staat spielt hier lediglich den Kassierer und hat wie bisher nichts dreinzureden.
Gigantischer Geldberg
Das Thema ist relevant, weil es sich beim Pot zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunkes nicht um einen Minihaufen von ein paar Millionen handelt, sondern um einen gigantischen Geldberg von gegen zehn Milliarden.
Wenn es sich nur um wenige Hundert Millionen handeln würde, so wäre die Haushaltsgebühr mit wenigen Euro vermutlich überhaupt kein Thema. Aber die schiere Größe des Geldhaufens spitzt die Wahrnehmung der Gebühr als undemokratisch, unfair und unsozial zu, macht sie nicht mehr tragbar.
Es heißt, dass etwa zehn Prozent der Deutschen über 60 Prozent des Reichtums verfügen. Das würde bedeuten, sie sind auch für 60 Prozent der Einkommenssteuer zuständig, so hemdsärmelig vermutet. Das würde also bei 10 Milliarden Rundfunkgeld heißen, dass sie, demokratisch gedacht, 6 Milliarden übernehmen müssten, für sie sind das Kinkerlitzchen.
Auf die Höhe des Rundfunkbeitrages für die restlichen Haushalte hätte das gravierende Auswirkungen, er würde deutlich sinken und damit vermutlich schnell die hässliche und für die Politik unangenehme Diskussion aus der Welt schaffen.
Das heißt aber auch, dass nach dem Modell von Professor Kirchhof die Superreichen bei der Finanzierung des demokratischen Genmeinschaftswerkes öffentlich-rechtlicher Rundfunk um etwa 6 Milliarden Euro entlastet werden. Die haben die anderen zu buckeln, besonders schmerzlich ist das für einkommensschwache Haushalte mit nur wenigen Hundert Euro Haushaltsgeld monatlich. Und noch schmerzlicher, wenn sie nicht einmal Teilnehmer des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes sind.
Jobsicherheit für Rundfunkmitarbeiter
Eine durch Steuergeld gesicherte Finanzierung würde auch bedeuten, dass nicht Tausende von Rundfunkmitarbeitern um ihren Job bangen müssen, wie es jetzt der Fall ist. Und auch Schauspieler, Regisseure, Drehbuchschreiber, Fernsehfilmleute könnten ruhiger in die Zukunft blicken.