Bis ans Ende der Nacht

Christoph Hochhäuslers Transgenderploitation-Movie.

Christoph Hochhäusler drapiert um die wundervolle Thea Ehre als Leni Malinowski und den knallhart in sie verliebten, verdeckten Ermittler Robert (Rimocin Ziegler) und einem von Ulrike Müller geschmackvoll ausgewählten und elegant inszenierten Ensemble Elemente eines Drogenthrillers.

Robert verliebt sich in Leni, wie sie noch ein Mann ist und kommt von seiner Verliebtheit nicht los, wie Leni immer mehr zur Frau werden will. Für die Thrillerqualitäten sind so emotionsgeladene Beziehungen natürlich schlecht; so kann kein Noir-Film draus werden.

Es wird ein Frankfurt-Film unter den Auspizien der Fernsehredakteure Frank Tönsmann vom WDR und von Daniela Muck von Arte. Es wird ein Film mit einer nacherfundenen deutschen Wirklichkeit und erfunden Figuren, die sich dem Eigentlichkeits-Sprech deutscher Zwitter-Kultur aus Fernsehen und Möchtegern-Kino speisen. Es wird eine dozierte Kunst-Wirklichkeit draus, die Details zu einem Tiramisu bewusst wahrnimmt, die sich an Alltäglichkeiten festrankt wie eine Fußfessel an einem entlassenen Strafgefangenen.

Laut dem Drehbuch von Florian Plumeyer kommt Leni aus dem Knast, wo sie wegen Drogendelikten eingesessen hat. Robert fühlt sich schuldig und erklärt seinem Schwarm den erlaubten Bewegungsradius, klemmt ihr sogar eine elektronische Fußfessel um. Leni soll Lockvogel für die Drogenfahndung sein.

Victor (Michael Sideris) erkennt Leni von früher. So umtanzen sich die beiden Paare Victor und Monika (Rosa Enska) und Robert und Leni. Schön symbolisch dafür nehmen alle an einem klassischen Tanzkurs teil. Vielleicht auch schön symbolisch für den Film: sie üben Cha-Cha-Cha, ein Tanz, der sich an Ort uns Stelle bewegt.

Der Film suhlt sich somit elegant wie geschmackvoll in Transgender-Momenten wie Kleiderkauf oder Parfüm-Klau. Der Film bedient sich einer vielfältigen Musik von Schlager bis zur Oper mit dem Thema der Liebe, fängt mit einem Song von zerstörter Liebe an und lässt den Titelhelden am Schluss sagen, er sei nicht der Typ für ein Happy-End.

Dem Zuschauer wird eine Kunstwirklichkeit aufs Auge gedrückt, die durchaus etwas Fesselndes hat, ihn aber immer wieder am Storytelling verzweifeln lässt, weil so bewusst gegen die Regeln des Genres verstoßen wird.

Trotzdem spielen die Darsteller überzeugend die Szenen aus diesem erfundenen Leben. Es wirkt so, als arbeite Hochhäusler mit spitzer Pinzette in der Hand, zupfe Elemente aus einem vielleicht gewesenene Alltag und setze sie zu einer Collage zusammen, konfrontiere damit den erst mal ratlosen Zuschauer, als führe der Film ihn mit einem Laserpointer an der Nase herum.

Die dozierte Filmwirklichkeit des Christoph Hochhäusler, wie von einem Professor für deutschen Kino-Eigentlichkeitssprech, der auch mit Allerweltsweisheitssätzen über Männer oder die Liebe oder das Paradies Legitimation und Bodenhaftung vorgaukelt.

Sätze:
Du bist nicht draußen.
Deine Zelle ist nur ein bißchen größer.

Einmal nett sein. Doch, doch, das werden Sie schon hinbekommen.
Robert, hast du das ausgesucht?

Darf ich mal probieren.
Muss sich melden.
Ich hab Hunger, Du Arsch.
Deswegen muss man keinen Müll esssen.
Schneid‘ mal die Zwiebel klein.
Abfall nicht auf den Boden.
Hast Du eigentlich noch nie gekocht?
Im Knast hatten wir auch nicht so geiles Essen.
Ich weiß, wie man Zwiebel schneidet.

Dass Männer sich immer toll finden,
Männer … weißt du was ich jetzt erst so begreife,
dass Männer immer davon ausgehen, dass man sie toll findet, auch wenn sie was komplett Dummes sagen …ich mag Deinen Nagellack..

Fürs jung Sterben bist Du längst zu alt.

Das Paradies ist ein Scheiß.
Ich bin zu alt für diesen Schnitzeljagd-Quatsch.

Ihr habt Euch ein Jahr nicht gesehen und dann macht Ihr als allererste einen Tanzkurs zusammen.

Und ich dachte immer, Lieber ist größer als – ach Scheiße, was weiß ich schon..

der ganze Scheiß, der entsteht doch, weil die Leute Namen brauchen.

Es gibt auch überraschende Sätze: Das war so ein Mensch, der irgendwie gerne Geschmack gehabt hätte..

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