Der Liberace von Sandusky
Pat Pitsenbarger wurde der Liberace von Sundusky genannt. Ein bunter Vogel, eine Drag-Queen. Seinem Andenken widmet Todd Stephens diesen Film mit Udo Kier in der Titelrolle des gealterten Paradiesvogels und ehemaligen Friseurs, der in einem Altenheim abgestellt ist und dort manisch Papierservietten faltet und sammelt und heimlich raucht.
Der Film wird zur Erinnerungsreise durch das bunte Leben von Pat. Er soll die Leiche einer verstorbenen Bekannten schön herrichten. Das verweigert er zuerst. Entscheidet sich dann aber dafür. Er macht sich auf den Weg. Er muss die entsprechenden Requisiten wie Haarspray und Ähnliches beschaffen.
Es wird eine Reise durch seine Vergangenheit in der Stadt Sandusky in Ohio in der Nähe vom Erie-See. Der Film wirft einen Blick zurück in das schwule Leben dort auf dem Lande mit einigen Clubs und dem ‚Fruit and Nut‘, in dem Pat aufzutreten pflegte. Er wird sich erinnern an dies und das. Er schaut in Läden vorbei, deren Besitzerinnen er noch kennt und mit welchen ihn Erlebnisse verbinden.
Pat schaut beim Grab seines Freundes vorbei, der lange schon an AIDS gestorben ist; insofern ist der Film auch ein Stück AIDS-Geschichts-Aufarbeitung. Er schaut bei den Grundmauern seiner abgerissenen Hauses vorbei. Damals war Erbschaft unter Schwulen nicht leicht zu regeln oder gar nicht.
Der Film ist getragen von einer wunderbar nostalgisch-morbiden Stimmung; er denkt ständig die Vergänglichkeit von Glamour und Rausch und schwulem High-Life mit; er schaut ohne Ranküne zurück. Was war, das ist gewesen und das ist vorbei. Und trotzdem kann es auch heute noch zu einem rauschhaften Abend kommen, wenn so ein Laden dicht macht.
Udo Kier begnügt sich mit dezenten gestischen Hinweisen, die nie das Tuntige vergessen lassen, es aber auch nicht penetrant ausstellen. Ein neckischer Kopfkick nach der einen Seiten, ein kleiner angedeuteter Hüftschwung auf die andere, ein rosa Hütchen von Erna aus einem Frisiersalon gegen die brennende Hitze Ohios. Und einige Klunker an den Fingern, vornehmlich unechte, aber jeder mit seiner eigenen Geschichte. Geldmangel lässt Pat immer wieder gerne Dinge aus Läden mitlaufen.