Ein Sportler meint im Rausch des Erfolges, man müsse bereit sein, weiterzugehen als alle anderen; kurz darauf geht ein Mensch weiter als alle anderen; er schießt auf einer Autobahnbrücke auf eine Polizistin. Da ist jemand weitergegangen als alle anderen.
Dann geht der Tatort von Lancelot von Naso nach dem Drehbuch von Stefan Holtz und Florian Iwersen unter der redaktionellen Betreuung von Cornelius Conrad flott weiter mit routiniert-systematischer Polizeiarbeit. Die führt den Zuschauer in die Game- und Drogendealerwelt und in ein schickes Loft. Wird dann etwas langsamer, hält sich vorübergehend mit Witzchen über Wasser oder mit einem moralischen Hinweis, wie schlimm das ist, wegen einem defekten Rücklicht erschossen zu werden. Setzt die Polizei selbst ins Zwielicht. Viele Polizisten, die bei dem Online-Spiel dabei sind.
Später verläppert sich der Fall in der bayerischen Landschaft; versucht sich zwischendrin mit modernen Städteaufnahmen von München. Mühsamer wird es, wie die beiden Kommissare auf unterschiedlichen Wegen in die gleiche Wohnung eines Kollegen eindringen; da scheint nur noch Dilettantismus am Werk.
Wie die Spielerwelt so ein bisschen eine kindische Welt ist, das zeigt dieser Tatort. Und wie der junge Kollege vom verdächtigen Kollegen in Gewalt genommen wird, schreit die Kollegin erst hysterisch bis sie Hilfe anfordert, vielleicht ein paar Ausbildungslücken.
Aus heiterem Himmel springt der Tatort dann in die Familie des Spielers und spricht von Abmachungen, die sie haben und bricht einen Ehekrach vom Zaun.
Irgendwann irrt der weißhaarige Kollege mit vorgehaltener Pistole durch labyrinthische Kellerräume, wie sie in Krimis gerne eingesetzt werden. Daraufhin gibt es eine hitzige Auseinandersetzung zwischen Mutter (vor ihren Schülern) und dem halbwüchsigen Sohn, der nicht am Game teilnehmen darf, weil Mutter meint, der Sohn sehe gar nicht, was das Spielen mit ihm mache (der Zuschauer sieht es auch nicht).
Immerhin zieht diesmal der andere weißhaarige Kollege bei der Wohnungsdurchsuchung weiße Handschuhe an. Bei der folgenden Mülldurchsuchung hat auch der zweite weißhaarige Kommissar Gummihandschuhe an.
Dieser Tatort hat sich inzwischen längst in ein wenig antörnendes Fahrwasser aus gängiger Routine austauschbarer Actionfilmelemente begeben und die Kamera achtet minutiös darauf, dass das BMW-Zeichen auf den Polizeiautos auch schön werbewirksam rüberkommt. In Minute 18 wird Oskar Weber identifiziert.
Ein Nebeneffekt dieses Tatortes dürfte sein, dass Games, diese Schießspiele, weiter bekannt und populär gemacht werden; je mehr solche Gewaltbilder über die Bildschirme der Öffentlich-Rechtlichen flimmern, desto mehr fressen sie sich als selbstverständlich in den Köpfen fest. So werden Waffen auch bei uns immer selbstverständlicher.
Ganz Schema: etwa eine Viertelstunde vor Schluss spitzen sich die Dinge zu, alles versammelt sich zum Countdown aus Standard-Actionfilm-Versatzstücken inklusive Geiselnahme in der Messestadt bei dem Turnier. Wobei der Zusammenschnitt von Gamer-Endphase und dem Endspiel auf dem Dach keinen besondern Kitzel zu erzeugen vermag. Dann träufelt der Tatort in einer Erklärbefragung aus.