Nichts Tödlicheres als Autoren, die ihr Werk erklären
Genau das macht Mark Cousins mit den modernen Mitteln von KI. Er lässt Alfred Hitchcock 40 Jahre nach seinem Tod sein Werk Revue passieren und erklären. So wirkt es zumindest – ist aber etwas anders (Aufklärung folgt am Schluss, ha, ha, Suspense).
Dieser Rückblick auf Hitchcocks Werk passiert nach Themen wie ESCAPE; ein Mottofilm; es ist eine mit enorm viel Fleiß zusammengestellte Schnipsel-Collage aus computeraufgefrischtem Footage. Und alle paar Sekunden ein Hitchcock-Foto dazwischen.
Nach 37 Minuten Schnipselei folgt Thema DESIRE. Darwin und Van Gogh als Referenzen.
Auch seiner Kamera schreibt der auferstandene Hitchcock Desire zu.
Die Filmschnipsel sind oben links oder auch mal unten rechts oder woanders kurzzeitig markiert mit Filmtitel (mit Jahresangabe in Klammern), „dir: Alfred Hitchcock“ und dann sind noch der oder die Produktionsfirmen angegeben; diese letztere Angabe dürfte nur den geringsten Teil eines möglichen Publikums dieses Filmes interessieren.
Die Filmschnipsel selbst sind kunterbunt durcheinandergewürfelt: aus Stummfilm, Schwarz-Weiß-Film, Farbfilm, Tonfilm.
Nach einer Stunde und einem kurzen Hinweis auf sein soziales Leben und Parties folgt LONELINESS. Da sitzt Hitchcock dann allein auf einem aufgetürmten Teppich in seiner Discomfortzone. Hier macht er unsinniges Zeugs, lässt ein ihm kostbares Feuerzeug in den Gulli fallen (ein Hinweis auf einen seiner Filme). Aber ihn faszinieren auch lonely women. Ebenso die Faszination durch empty Californian spaces.
Nach einer Stunde und 10 Minuten fängt das Kapitel TIME mit einem Einstein-Bild an. Herzschrittmacher mit 47, anno 1947.
Dann 1.26 h FULFILMENT: der reanimierte Hitchcock erzählt, dass Filmemachen ihn erfüllte. Plus Hinweise auf sein Privatleben, seine Frau, seine Häuser und Wohnungen.
Dann 1.38 HEIGHT: Gebirgslandschaft; die Alpen. Und auch Kamerafahrten in die Höhe. Height is good at loneliness. Die dünne Schicht der Zivilisation.
Erweckungserlebnis Friedrich Wilhelm Murnau 1922 in Deutschland: die Trickserei mit Film und sein Spaß daran.
Nichtsdestotrotz: ein hammerharter Schnelldurchlauf durch eine erstklassige Kompilation präzise gesetzter Filmszenen über eine wichtige Phase der Film-Geschichte.
Die von Mark Cousins geschriebenen vermeintlichen Hitchcock-Texte werden von Alistair McGowan in einer erstaunlich schmalen Ausdruckspalette chargiert gesprochen; auf eine Art Hitchcock-Ton festgelegt; was auf Dauer für die Ohren nicht allzu erfreulich ist.