Die Tüte ist zerrissen,
Du hast Gulasch im Gesicht bis zur Frage, ob noch was im Kühlschrank sei, sind die Art Signalsätze, von denen dieser neue Film von Christian Petzold nur so strotzt, austauschbare Alltagssätze, die weder Figuren charakterisieren noch die Handlung voranbringen, austauschbare Alltagssätze, wie sie zum kulturellen Boden des deutschen, subventionierten Filmes gehören und seine Kreativität einmauern, die Menschen zu Vernünftelnden degradieren und die damit dazu beitragen, dass auch dieser multipel geförderte und betreute Film ein regionales Produkt und Ereignis bleibt, austauschbare Alltagssätze, die ein jeder Fernsehredakteur und ein jeder Filmförderer versteht und intellektuell nachvollziehen kann, weshalb Filme, die gut gefüllt sind mit solchen Sätzen offenbar in Deutschland Konjunktur haben, und es als Datschen- und Studienratskino charakterisieren; es scheint fast, als nehme Petzold diese Kultur auf die Schippe, als habe er eine Parodie im Sinn. Die Datsche und das kastrierte deutsche Intellektuellen- und Künstlertum im Jargon der Eigentlichkeit deutscher Drehbuchkultur.
In einem deutschen Filmförderland am Meer treffen auf einer Datsche hinterm Deich und vor Rousseausch gesättigt grüner Naturlandschaft, dahinter die Waldbrände, nur Nolde hätte es schöner gemalt, Leon (Thomas Schubert) und Felix (Langston Uibel) ein.
Desorganisation professionelle; es ist bereits Nadja (Paula Beer) da, die sie erst gar nicht zu Gesicht bekommen, nur ihre Spuren.
Leon ist Schriftsteller und will an einem Buch schreiben, Felix ist Künstler und will eine Bewerbungsmappe zusammenstellen; klar ist, dass es Leon unangenehm ist, mit Felix in einem Zimmer schlafen zu müssen; aus Individualitätsgründen.
Der Schlaf wird durch heftige Fickgeräusche aus dem Nebenzimmer gestört, Nadja scheint kein Kind von Traurigkeit zu sein; sie arbeitet als Eisverkäuferin. Ihren ersten Auftritt auf Distanz absolviert sie in einem dieser liebesroten Kleider, sie verschwindet durch die Naturlandschaft aus dem Bild.
Zu dem Trio, das bald ins Gespräch kommt, gesellt sich als Vierter Devid (Enno Trebs). Er arbeitet auf hoher Warte am Strand als Bademeister und muss zur Stelle sein, wenn es ums Ertrinken geht.
Nebst den das deutsche Subventionsfilmwesen parodierenden Alltagssätzen geht es auch mal um die Beziehung, um ein kaputtes Auto, um die Kunst, ums Kochen sowieso oder um eine Dachreparatur.
In einem zierlich-weißen Elektrosmart aus München trifft später im Stück noch Verleger Helmut ein, der Leon sein schauderliches Werk vorlesen wird, kein Genuss – auch nicht für Kinogänger. Matthias Brandt legt die Rolle bis ins Detail studiert als einen nervösen Alkoholiker an, der beim Aufstehen aus einem Sessel ganz diskret mit der Hand sich auf dessen Rücklehne gegen Gleichgewichtsprobleme absichert.
Es ist dies eine deutsch intellektuelle Selbstbespiegelung wie sie über den eigenen Tümpel hinaus kaum von Interesse sein dürftet.
Hin und wieder donnern Löschflugzeuge über die Datsche, gegen das dramatische Ende rückt der Waldbrand gefährlich nahe; erlaubt uns aber kein Spoilern, was er noch alles mitnimmt.
Der Film enttäuscht besonders, wenn man ihn mit Vamos a la playa vergleicht, wo eine junge deutsche Generation von Künstlern und Filmemachern sich eine Spiegel vorhält, eine Generation, die dadurch dass sie die Welt anschaut, sich selber anschaut, eine Generation, die nicht glaubt, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben (das gibt der Petzoldfilm alleweil vor) und die vor Unsicherheiten nicht zurückschrecken.
Immerhin das haben wir hier gelernt, dass je nach Himmelsrichtungsprovenienz Deutsche ihren Dichter Uwe Johnson Johnson oder Dschonson aussprechen.