Mi Pais imaginario – Das Land meiner Träume

Chilenische Flamme

Die erste Flamme müsse der Dokumentarfilmer erwischen, wenn es um ein Feuer geht, so der Rat von Chris Marker an den Regisseur dieses Filmes, Patricio Guzmán (Der Perlmuttknopf, Die Kordillere der Träume), der seine Heimat Chile aus der Ferne engagiert beobachtet.

Ein Feuer der Revolution gibt es in Chile im Oktober 2019. Hier hat Patricio Guzmán nicht die erste Flamme erwischt – aber später im Film wird es eine umso hoffnungsvollere andere erste Flamme geben.

2019 reicht eine Fahrpreiserhöhung der U-Bahn, um schwelende soziale Konflikte in Chile förmlich explodieren zu lassen. Der Staat antwortet stur mit dem Militär, spricht von Krieg. Die Bilder von diesen ersten, nicht organisierten Protesten erinnern an einen Bürgerkrieg, Straßenschlachten, Wasserwerfer, Tränengas, Steine. Es scheint eine neue Generation von Demonstranten am Werk, die keine Hierarchien braucht.

Zwischen das Archivmaterial von den Protesten, schneidet Guzmán Gespräche mit Frauen der verschiedensten Provenienz, Sanitäterinnen, Kämpferinnen, Künstlerinnen, Journalistinnen und Autorinnen, einfache Mütter, die je individuell eine Begründung für die Notwendigkeit einer sozialen Veränderung haben.

Es darf nicht vergessen werden, dass zu dem Zeitpunkt in Chile immer noch die Verfassung der Diktatur von Pinochet galt. Das wird die Flamme am Ende des Filmes sein: dass es zwei Jahre nach dem Ausbruch der ersten Proteste eine verfassungsgebende Versammlung gibt und dann auch die Wahl eines neuen Präsidenten.

Bei allem Politischen vergisst Guzmán das Künstlerische nie, Fotos von einer großartigen Fotografin der Proteste, Wandmalereien, Songtexte und mit dem Blick auf Steine, die bei der Demo geworfen werden als kleinem Hinweis auf seinen Film von 2020 über die Kordillere der Träume.

Was Guzmán hier im Film dokumentiert, sollte bei uns in den Medien einen deutlicheren Niederschlag finden, scheint doch mit dieser Entwicklung in Chile in Lateinamerika, das jahrzehntelang an Diktaturen und deren Folgen gelitten hat, ein neues Kapitel aufgeschlagen worden zu sein.

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