Sorry Genosse

Wo gibt es das schon,

dass in der letzten Szene eines Dokumentarfilmes Protagonisten und Team hinter der Kamera beide in Lachen ausbrechen, weil der Protagonist den einen Satz „Wir hatten zehn schöne Jahre“ nicht hinkriegt?

Das macht den Film von Vera Maria Brückner in seiner langsamen Skurrilität und breiten Erzählart gleich nochmal sympathischer.

Es ist die Liebesgeschichte von Karl-Heinz aus dem Westen und Hedi aus dem Osten, die 1969 in Oberellen in Thüringen als Liebe auf den ersten Blick (Hedi) anfängt.

Es ist erst wie im Briefroman. Die beiden schreiben sich und schreiben sich. Im Film setzt die Regisseurin sie ab und an in Wohnzimmern oder abstrakten Räumen an einen Tisch und lässt sie daraus vorlesen. Liebe in Zeiten des Kalten Krieges, Liebe in Zeiten des Eisernen Vorhanges. Die Liebe von zwei durchschnittlichen Menschen, die nicht für waghalsige Abenteuer gemacht sind.

Und doch planen sie, je mehr die Liebe gedeiht, die Republikflucht von Hedi. Die Flucht soll über Rumänien gehen. Sie ist detailreich geplant. Es wird keine Abenteuergeschichte. Lediglich eine Pass-Verlust-Lügengeschichte, in die die naive Gitti einbezogen wird mit ihrem Freund Lothar.

Es ist eine penibel geplante Geschichte und das ist das groteske Element in diesem Film, die praktisch in jedem einzelnen Schritt schief läuft, weil viel zu brav, zu skrupulös geplant. Und dann doch irgendwie gelingt, gerade auch dank der Naivität (oder hat sie es doch dicker hinter den Ohren?) der schrägen Gitti.

Die Fluchtgeschichte wird teils als abstraktes Reenactment mit den Protagonisten von damals erzählt.

Die Liebesgeschichte von Karl-Heinz und Hedi scheint selbst, was Foto- und Filmmaterial betrifft, nicht allzu ergiebig. So schneidet denn die Dokumentaristin auch immer wieder einen bunten Mix aus zeitgeschichtlichem Archivmaterial dazwischen. Und einen Song gibt es außerdem.

Wobei der Titel des Filmes lediglich die Haltung zur Fluchtgeschichte, nachdem sie gelungen war, ausdrückt, nicht aber die Grundeinstellung, die zur Planung und Realisierung der Flucht führte.

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