Kühner Ritt
entlang der Bruch- und Konfliktlinien um einen suizidgefährdeten Teen mit einer sitzengelassenenen Mutter und einem geschäftlich erfolgreichen Vater, der sich junges Fleisch geschnappt und dem Sohn ein Stiefbrüderchen beschert hat.
Es dürfte sich um ein besonders brisantes gesellschaftliches Thema handeln, das vermutlich auch aus Gründen der Prävention nicht an die große Glocke gehängt wird.
Nicholas (Zen McGrath) ist 17, lebt bei seiner vom Vater verlassenen Mutter Kate (Laura Dern). Sie fällt aus allen Wolken, wie sie erfährt, dass er zwar pünktlich morgens aus dem Haus geht, aber offenbar die Schule schwänzt. Nicholas möchte zu seinem Vater Peter (Hugh Jackman) ziehen. Er leidet ernorm darunter, wie die Mutter darunter leidet, dass der Vater sie verlassen hat.
Der Vater, der ein erfolgreicher Finanzmanager in New York ist, der ist auch immer tadelllos gekleidet und frisiert, perfekt in den Umgangsformen, immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen, lässt sich überreden, dass Nicholas zu ihm und seiner neuen Frau Beth (Vanessa Kirby) zieht. Es fruchtet nichts. Nicholas geht auch nicht in die neue Schule, er stromert in der Stadt herum. Er wirkt verstockt. Aus ihm ist nicht herauszubekommen, was los ist mit ihm.
Florian Zeller (The Father), der mit Christopher Hampton auch das Drehbuch geschrieben hat, folgt minutiös der Gewalt des ungelösten und auch nicht näher benennbaren Konfliktes von Nicholas. Es scheint sich um eine pubertäre Depression zu handeln. Besonders schmerzlich, auch für den Zuschauer, wie Nicholas von niemandem mehr erreicht werden kann. Da kann sich der Vater noch so bemühen oder die Mutter, der Psychologe. Nicholas fügt sich Verletzungen zu, will sich den Schmerz, der in ihm herrscht, bewusst machen.
Rückblenden erzählen von einer sorglosen Kindheit mit Vater und Mutter und einem Motorboot in einer eigenen Meeresbucht, wo der Junge schwimmen lernen und damit Vertrauen zu sich fassen soll.
Der Film verzichtet auf jegliche Schuldzuweisung, aber auch auf jegliches Rezept zur Lösung des Problems; er wagt kühn die Besichtigung der Entwicklungen; wirft noch einen Blick in die Opa-Generation, Anthony Hopkins als der Vater von Peter, der diesen an Reichtum und Prestige offenbar deutlich übertrifft. Allein durch die Bildauflösungen ist in jedem Moment klar, wo die aktuelle Bruchlinie liegt, die meist nur scheinbar und sicher nicht mit einer langfristigen Lösung gekittet werden kann. Diese Ungelöstheit führt zum nächsten Problem. Es scheint aber auch so, dass Menschen Fehler machen, die sie nicht wiedergutmachen können; sie können nichts rückwirkend verbessern. Da gibt es keine Entschuldigung.