Vedia, Saldungaray, Carhue, Guamini, Laprida, Balcarce, Azul, Coronel Pringels,
so heißen Ortschaften im Umkreis von etwa 800 Kilometern um Buenos Aires, in denen Heinz Emigholz fündig wurde auf der Suche nach Bauten des Architekten Francisco Salamone.
Hier errichtete dieser in den Jahren 1937 – bis 1939 staatliche Repräsentationsgebäude, Friedhöfe, Schlachthöfe in einer sonderbaren Architektur, die an umgekehrte Hängeregistraturen erinnert, der etwas Schraubstockhaftes, etwas Zackig-Machtdemonstrationshaftes innewohnt, eine Monumentalarchitektur, wie schon Mussolini sie für seine Bahnhöfe und Postämter liebte, in der Fachsprache eine Mischung aus Art Deko, symbolistischem Funktionalismus und italienischem Futurismus.
Es sind keine einladenden Gebäude. Es ist faschistische Architektur. Es ist eine Architektur, die dazu ausersehen scheint, eines Tages zu zerfallen und als Ruine noch eine Weile die Landschaft zu dekorieren bis zum endgültigen Zerfall. Das erinnert an das Projekt Over Your Cities Grass will grow von Anselm Kiefer. Auf diesen Querverweis kommt man bei Betrachtung von malerisch zerfallenden Exemplaren dieser Archtikturbaudenkmäler.
Anfangs legt Emingholz einen Wust an theoretischen Erörterungen auf die Tonspur, den mag rezipieren, wer es gewohnt ist, solche Texte quasi freihändig zu absorbieren.
Unter den Bildern läuft erst argentinischer Alltag, gesichtslose Straßen, Hundehütten. Der Blick auf Argentinien und den Faschismus wird vertieft mit einer Sprecherperformance in Epiquen einer argentinischen Stadt, die im Salzwasser abgetaucht ist, jetzt wieder teilweise an die Oberfläche kommt.
Ein argentinischer Autor hat eine Story über einen exilierten deutschen KZ-Kommandanten geschrieben, eine vom Dichter erfundene Kunstfigur, so intellektuell wie unbelehrbar, mit Beinverlust und kastriert und dem Hinweis auf die List der historischen Vernunft; eines Typen, der kurz vor seiner Hinrichtung noch die Melodie des sich selbst aufopfernden Pflichtbewusstseins singt.
Nach einem Sprung nach Bolivien zu Werken von
Freddy Mamani Silvestre wendet sich der Film überraschend dem heutigen Stadtschloss von Berlin zu. Der Zuschauerblick ist inzwischen geschärft auf faschistische Elemente in der Architektur und entdeckt sie, wenn auch minimiert, reduziert, lautstark in den Neubauteilen oder bei den Wandsockeln von Skulpturen; eine Architektur, die den von Bauhaus gesetzten Normen spottet.
Der Film unter redaktioneller Betreuung von Rolf Bergmann nutzt den hierbei eingesetzten Rückblick auf den letzten deutschen Kaiser, den angeordneten Völkermord unter den Hereros und die Begeisterung für den aufkommenden Faschismus für einen Haken an des Kaisers Nachfahren, die noch heute die Chuzpe haben, Restitutionsforderungen zu stellen.