Alte Semmel in neuer Tüte
Der BR muss sparen. Natürlich nicht am Programm, das weist er weit von sich; die überbezahlten Chefs werden halt die Massagesessel in ihren Luxusdienstlimousinen nicht benutzen und dergleichen. Oder es wird wie hier unter der kundigen Redaktionsbetreuung von Martin Kowalczyk Reiner Holzemer die Möglichkeit geboten, vermutlich zu vermindertem Budget, Lebenslinien von anno dunnemals – immerhin ist der BR erhlich genug, das so ein bisschen offenzulegen – mit minimalem Neumaterial als frische Semmel zu verbraten. Wobei auch klar wird, wir enorm der Alterungsprozess am Schauspieler nagt, innerhalb von 17 Jahren, denn vor so viel Zeit hatte der BR schon mal Lebenslinien mit dem Subventionsstar und BR- und Publikums-Liebling Günther Maria Halmer gemacht und davon fließt jetzt üppig Material in diese „Neuheit“.
Herausgekommen ist eine lauwarme Eigenwerbung für den BR. Man sehnt sich zurück nach der jüngeren Ausgabe des Schauspielers, der spritziger war. Der Lebenslinien-Materialvergleich zeigt aber auch, dass der Zahn der Zeit an Frauen offenbar in der Gegenrichtung arbeitet: Die Gattin ist jetzt blonder geworden und faltenfreier, ein Gesicht, zu dem der Begriff Oma nun grad so gar nicht passt.
Dieses alte Semmel zeigt auch, vor 17 Jahren konnte es sich der BR offensichtlich noch leisten, Lebenslinien-Teams nach Kanada reisen zu lassen.
Der Titel stimmt nicht ganz. Der Protagonist hat durchaus sein Ziel gesucht und konnte es in der Abgeschiedenheit der Berge Kanadas in einem Asbestwerk, in dem er mit 22 geschuftet hat, überhaupt erst formulieren, in der Kleinstadt hätte er sich das nicht getraut, weil dort so eine Ambition Schauspieler gleich vernichtet worden wäre. Vielleicht gilt der Titel mehr für seine Schauspielerkarriere, die er wohl nicht so zielbewusst angegangen ist, musste er auch gar nicht, hat scheinbar in diesem Beruf nie kämpfen müssen; war er doch praktisch nach der Anfängerzeit von Null auf Eins ein Star mit den Münchner Geschichten vom Helmut Dietl. Ab da konnte er- und das erzählt auch sein Typus – in den Tag hineinleben.
Ob Reiner Holzemer und Redakteur Martin Kowalczyk mit diesem krassen Hinweis auf die unterschiedlichen Alterungsprozesse seinen beiden Protagonisten einen Dienst erweisen, sei dahingestellt.
Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!