Irrlicht

Portugiesische Rigolade,

der Regisseur Joao Pedro Rodrigues, der mit Joao Rui Guerra da Mata und Paulo Lopes Graca auch das Drehbuch geschrieben hat, nennt es eine musikalische Fantasie, die sich durchaus amüsiert mit Portugal, dem Kolonialismus, dem Adel genau so auseinandersetzt wie mit dem Klimawandel und zwischen alledem schleicht sich eine wunderbare schwule Schmonzette ein.

Seine Hoheit Prinz Alfredo (Joel Branco) liegt im Sterben. Es ist das Jahr 2069. Die ehemals königliche Familie ist verarmt. Der Enkel spielt mit einem Spielzeugkran auf dem Krankenbett. An der Wand hängt ein Gemälde, das auf die große koloniale Vergangenheit der Familie verweist, ein Bild mit Zwergen und Schwarzen als Clowns, die damals noch nicht so richtig als Menschen warhgenommen worden sind.

Ein Sprung zurück nach 2011 zeigt Alfredo (Mauro Costa) als jungen, lockigen Mann im Wald mit seinem Vater, der ihm den Unterschied eines adeligen Waldes zu einem anderen erklärt, den Unterschied zwischen einer königlichen Kiefer und einer anderen – Standesdünkel pur; überhaupt den Unterschied zwischen Sozialismus und Republikanismus.

Der Film rückt etwas vor in der Chronographie. Ein Jahr in einer Zeit furchtbarer Waldbrände. Der junge Mann am herrschaftlichen Familientisch bringt das Thema des Klimawandels auf. Noch ein, zwei Jährchen später will er sich zur Feuerwehr, zu den Bombeiros, melden. Der junge Alfredo studiert Kunstgeschichte und sein Wunsch stößt bei der Mutter auf Unverständnis.

Der Film taucht ein in das Leben der Freiwilligen Feuerwehr. Eine karikaturhaft dicke Frau ist die Chefin. In den Umziehräumen der Feuerwehr lauter knackige junge Männer mit engen Slips oder nackt. Sie wollen den Prinzen auf seine Kusntgeschichtskenntnisse testen, indem sie berühmte Gemälde als Männergruppierungen nachstellen; da atmet bereits eine kräftige Brise Homoerotik durch den Film.

Afonso (André Cabral), der Soziologie studiert, wird des Prinzen Ansprechpartner. Er gibt ihm Nachhilfe in Erste Hilfe auf dem Bett. Annäherungen und körperliche Berührungen sind unvermeidlich. Ein Alarm bringt die beiden im Feuerwehrauto in einen abgebrannten Wald. Da geht’s direkt und nicht mehr jugendfrei zur Sache. Es folgt eine anmutige Tanzimprovisation in den Räumen der Feuerwehr.

Portugal erscheint als ein Land mit schwerer historisch-kolonialer Last, ein Land sozialer Widersprüche, in das auch Covid eingfallen ist, aber auch als ein Land von Versöhnlichkeit der Gegensätze als auch eines mit einem feinsinnigen Gefühl für Kunst.

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