An einem schönen Morgen

Realismus?

Wohl eher nicht, schon gar kein TV-Realismus. Vielmehr knüpft Mia Hanse-Love einen synthetischen Teppichen aus Bildern eines fiktiven Lebens, das irre realistisch rüberkommt, das den Eindruck erweckt, zwischen dieses und das echte Leben passe kein Blatt, so dass diesem nicht auszukommen ist.

Noch schöner ist, dass Mia Hanse-Love (Eden) auf der Tonspur klassische Musik laufen lässt – nicht durchgehend, was die Entfremdung zur Realität vergrößert, andererseits die Glauwürdigkeit der von ihr vorgespielten Realität widersprüchlicherweise noch erhöht, einer Realität, der wir uns lieber entziehen würden.

Es geht um eine Realität unserer Zeit, um den Zerfall eines Menschen, der einst ein geistiger Kopf war und jetzt von einer irreversiblen Krankheit befallen ist, dem Benson Syndrom.

Georg Kienzler (Pascal Greggory) ist davon befallen, ein Pflegefall. Vor allem seine Tochter Sandra (Lé Seydoux), kümmert sich um ihm, es geniert sie aber, ihn zur Toilette zu führen. Sie lebt allein mit Töchterchen Linn (Camille Leban Martins).

Aber auch Sandras Mutter Francoise (Nicole Garcia), die von Georg geschieden ist, befasst sich mit den Fragen um ihren Ex, Suche eines annehmbaren Pflegeheimes, Ausräumen der Wohnung. Georg hingegen ruft immer nach seiner Freundin Leila (Fejria Deliba). Die macht sich rar in Pflegeangelegenheit.

Gegen die Tristesse dieser Alltagsbewältigung begegnet Sandra Clément (Melvil Poupaud), den sie von früher kennt, der jetzt verheiratet ist, einen Buben hat und, schwer zu sagen, wer die Affäre initiierte. Es ist mehr als eine Affäre, aber auch ein ewiges Hin und Her, neue Liebschaft oder zur Familie halten, die Familie verlassen und ernsthaft mit Sandra zusammen sein.

Eine Liebesgeschichte, wie Mia Hansen-Love sie perfekt zu schildern versteht. Dafür hatte sie großartige Schauspieler zur Verfügung. Ein Apercu: wer war Annemarie Schwarzenbach? Das war sie. Mit ihr hat Sandrine über ihren Job als Übersetzerin zu tun.

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